Das Friedenstreffen von Sant’EgidioImagine Peace

In Paris fand diese Woche das interreligiöse Friedenstreffen von Sant’Egidio statt. Der Gipfel vom 22. bis 24. September in Paris stand unter dem Motto „Imagine Peace“. Inhaltlich bereichernd, sind solche Treffen von Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen auch an sich schon wertvoll.

Hilde Naurath, Redakteurin der Herder Korrespondenz

Das Friedenstreffen von Sant’Egidio findet alle Jahre wieder statt – und bleibt von nicht nachlassender, vielleicht sogar von zunehmender Bedeutung. Das Who’s Who der Religionsgemeinschaften eines Landes und weit darüber hinaus versammelt sich in einer Stadt, schüttelt dem Staatsoberhaupt die Hand und tauscht sich mit tausenden Teilnehmenden aus. Es zeichnete das gerade zu Ende gegangene Pariser Friedenstreffen wie schon das letztjährige in Berlin aus, dass Religionsvertreter mit „Zeitzeugen“ aus Armuts- und Kriegsgebieten zusammentrafen und die ganz großen Themen rund um Frieden besprachen. Es gab wieder reichlich Gedanken zum Weiterdenken, viele emotionale Momente, viel gegenseitiges Beschnuppern und Kennenlernen, wie es typisch ist für Sant’Egidio.

Die Wirkung solcher Treffen ist nicht messbar, meist wohl verborgen, vielleicht oft kurzlebig, sie zeigt sich eher im Alltag Einzelner denn in der großen Realpolitik. Und gerade deswegen sind sie umso wichtiger. Das ließ sich vorgestern, am 25. September in Fulda nachvollziehen. Kardinal Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, sprach auf der Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz. Er bedauerte, dass sich die eskalierende politische Krise im Nahen Osten „auch auf die Religionsgemeinschaften auswirkt, deren Führer sich seit elf Monaten nicht mehr treffen oder miteinander sprechen konnten. Jeder ist jetzt in seinem eigenen Lebenskontext gefangen, innerhalb seiner jeweiligen Gemeinschaft, gefangen in seinem eigenen Schmerz, oft wütend, enttäuscht und ohne Vertrauen.“ Pizzaballa beschrieb einen Wendepunkt im interreligiösen Dialog, „der, zumindest zwischen Christen, Muslimen und Juden, nicht mehr der gleiche sein kann.“ Er forderte auf, im Austausch nicht nachzulassen, sondern weiterzudenken, und den Dialog nicht mehr nur als „Dialog zwischen Angehörigen der westlichen Kultur“ zu führen. Stattdessen müsse er „die unterschiedlichen Befindlichkeiten, die unterschiedlichen kulturellen Ansätze berücksichtigen, nicht nur die europäischen, sondern vor allem die lokalen“.

Genau diesen Ansatz verfolgen die Friedenstreffen von Sant’Egidio; dafür gebührt ihnen alljährliches Lob. Und glücklich die Länder, in denen sich Religionsgemeinschaften friedlich austauschen und zum Frieden beitragen können.

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