Lesen ist etwas Wundervolles, das weiß auch Papst Franziskus. Unlängst forderte der Pontifex das Kirchenvolk programmatisch zum „Lesen, Lesen, Lesen!“ auf und veröffentlichte auch gleich eine Liste mit Literaturempfehlungen (vgl. HK, Oktober 2024, 4–5). Franziskus hat auf dieser nicht eigene Werke aufgeführt, obwohl er dies sicher könnte. Sucht man bei den einschlägigen Internetversendern nach Franziskus als Autor, so listet Amazon nicht weniger als neun Seiten mit Ergebnissen auf, wohlgemerkt nur die deutschen Versionen. Für Aufsehen sorgte zuletzt seine Autobiografie „Leben – meine Geschichte in der Geschichte“. Nicht zum offiziellen Kanon zählt hingegen das 2015 erstmal erschienene „Kochen mit dem Papst“ von Roberto Alborghetti.
Freilich, bei näherem Hinsehen handelt es sich bei den meisten Büchern um mehr oder weniger geschickte Kompilationen spiritueller Texte, Interviews und Gespräche mit dem Papst, die sich mitunter auffällig wiederholen. Was zur Frage führt, was diese päpstliche Veröffentlichungsflut ganz allgemein soll. Päpste haben nicht immer und zu allen Zeiten geschrieben. Wie der Augsburger Kirchenhistoriker Jörg Ernesti in seinem neuen Buch über die Papstgeschichte der letzten 225 Jahre ausführt, ist selbst die Enzyklika ein verhältnismäßig junges Genre. Gleichwohl mussten sich alle Päpste spätestens seit dem 19. Jahrhundert als Medienpäpste inszenieren. Franziskus versteht sich zudem vor allem als Seelsorger; was läge also näher, als vor allem Bücher mit solchem Bezug zu veröffentlichen?
Spirituelle Literatur boomt; auch Franziskus‘ Bücher widmen sich vor allem pastoralen Fragen, die durchaus auch zeitgeschichtliche Ereignisse aufnehmen. Damit sind die Bücher sicherlich auch vielen Leserinnen und Lesern Trost und Ansporn. Pastoraler Auftrag also erfüllt, auch von den Ghostwritern. Dennoch bleibt die Frage, wen diese Bücher außerhalb einer überschaubaren katholischen Blase ansprechen sollen. Denn genau die tröstend-seelsorgerische Sprache und Thematik sind es, die ein Ausgreifen auf die „Welt“ verhindern. Theologisch Interessierte finden hier kaum eine „Einführung in das Christentum“, sondern viele pastorale Floskeln. Und selbst „Laudato Si“ liegt schon einige Jahre zurück. Ist diese Veröffentlichungspraxis der höchsten Lehrautorität des Christentums angemessen?
Ein richtiggehender Schriftstellerpapst wäre ein Novum und eine Freude. Aktuell bleiben die Bücher, die mit Franziskus‘ Namen als Autor versehen sind, aber kaum mehr als religiöse Devotionalien. Und werden wie diese ihre Käufer finden.