Der Papst über die FrauenWas weiblich ist

In Belgien betonte Papst Franziskus die Wesensverschiedenheit von Frauen und Männern. Genau das von ihm formulierte Frauenbild hat Exklusion, Unterdrückung und Instrumentalisierung hervorgebracht.

Ursula Nothelle-Wildfeuer
© Flo Huber

In Kürze beginnt in Rom die Zweite Sitzung der Weltsynode. Der Erwartungsdruck ist hoch, die Frage nach der Rolle von Frauen in Kirche und Gesellschaft, insbesondere nach dem Zugang von Frauen zum Weiheamt, drängt. Die Vorab-Auslagerung dieser brennenden Thematik in eine Kommission ist äußerst unklug. Das Thema ist nicht auszulagern, ist es doch entscheidend im Kontext der verloren gegangenen Glaubwürdigkeit der Kirche.

Fern vom Vatikan nutzt Papst Franziskus die Gelegenheit, in seiner Rede am Samstag, 28. September zum 600-jährigen Jubiläum der katholischen Universität in Löwen einige Basics zum Wesen der Frau zu klären: „Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt.“ Vielmehr sei die Würde „dem Leib eingeschrieben“. In klassisch naturrechtlicher Manier legt dann das Lehramt, also der Papst, fest, was da dem Leib eingeschrieben ist, was also das Wesen der Frau ausmacht: „Die Frau ist fruchtbare Aufnahme, Fürsorge, lebendige Hingabe.“ Es sei hässlich, wenn die Frau sich zum Mann machen will.

Kann es denn wirklich sein, dass derselbe Papst in seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ 2020 davon spricht, dass es gegenwärtig immer noch an der tatsächlichen Anerkennung der Würde für alle Menschen hapere? Dass konkret drei Teilungen der Weltgesellschaft genau diese Geltung der Menschenrechte faktisch in Abrede stellten? Eine Teilung davon sei die Kluft zwischen Frauen und Männern. Die Gesellschaften der Erde seien „noch lange nicht so organisiert, dass sie klar widerspiegeln, dass die Frauen genau die gleiche Würde und die gleichen Rechte haben wie die Männer.“ Doppelt gefährdet sieht er die Frauen, „die Situationen der Ausschließung, der Misshandlung und der Gewalt erleiden, denn oft haben sie geringere Möglichkeiten, ihre Rechte zu verteidigen“ (FT 23).

Kaum zu glauben, dass er diesen Selbstwiderspruch nicht merkt. Genau dieses von ihm nun jüngst formulierte Frauenbild hat eben Exklusion aus dem öffentlichen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und beruflichen Bereich befördert, hat Unterdrückung und Instrumentalisierung hervorgebracht. Mühsam ist es den Frauen in den letzten Jahrzehnten gelungen, sich ein Selbstverständnis jenseits dieser Rollenklischees und eine Anerkennung ihres Eigenstandes in der Gesellschaft zu erarbeiten. Kann Franziskus das alles mit einem Federstrich wieder zur Seite schieben?

Wenn sie nicht gerade der Gruppe der Tradwives angehören, werden Gen Z und die Millenials, aber auch viele andere mit diesen Äußerungen noch ein Stück weiter aus dieser Kirche und von ihr weggetrieben. Das Verhältnis von Frauen und Männern wird geprägt von einer immer wieder neu auszulotenden Spannung zwischen den Polen Verantwortungsübernahme in Gesellschaft und Kirche, Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit, von Care-Arbeit und Karriere, Autonomie und Solidarität. Nicht von einer hierarchisch verordneten Wesensbestimmung der Frau, die (wie in vielen anderen kirchlichen Fällen auch) den Zeitgeist des19. Jahrhunderts zur Norm für das 21. Jahrhundert erklären will. Glaubwürdigkeit sieht anders aus!

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