Man sieht nur mit dem Herzen gut. Die Verwendung von Zitaten aus dem „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint-Exupéry im pastoralen Kontext steht heute leicht unter Kitschverdacht. Das gilt auf der anderen Seite gleichermaßen für die Herz-Jesu-Frömmigkeit, die vor allem seit dem 19. Jahrhundert wirkmächtig geworden ist. Nicht zuletzt die damit einhergehende Ästhetik wird zwischen Papst Franziskus mit seiner vierten Enzyklika „Dilexit nos" und vielen Katholikinnen und Katholiken stehen – von den Menschen guten Willens als Adressaten solcher Texte einmal ganz abgesehen.
Dabei ist dem Papst ernst mit seinem Bezug auf das Herzen Jesu als Motor für alles christliche Engagement. Das neue Schreiben ist als Enzyklika mit besonderer Autorität ausgestattet und steht damit in einer Reihe zusammen mit „Laudato Si“ und „Fratelli Tutti“. Ihm geht es ausdrücklich darum, ein individualistisches Verständnis von Christsein abzuwehren und sich gegen jedes Missverständnis von Glauben als einem Geschehen reiner Innerlichkeit zu stellen. Die Berufung auf das Herz Jesu als Bild für die Liebe Gottes zu den Menschen will der Papst ausdrücklich als Ausgangspunkt für seine beiden sehr stark sozialethisch akzentuierten Enzykliken verstanden wissen.
Vom „geistlichen Vermächtnis“ des Papstes in der Spätphase seines Pontifikats ist die Rede. Es wurde veröffentlicht kurz vor dem Ende des zweiten Treffens der Weltsynode an diesem Wochenende. Abermals hat der Papst damit von außen Akzente für die Versammlung gesetzt. Gegen den Ansatz bei der Liebe Gottes als Beginn aller Theologie und allem kirchlichen Engagements ist nichts einzuwenden. Sie irritiert nur da, wo mit unnötigen kritischen Seitenbemerkungen gegen Vernunft und Rationalität, Strukturen und einem geordneten Vorgehen das Projekt Synode beschädigt zu werden droht.