Heute ist es also so weit. Heute veröffentlicht die Evangelische Kirchei in Deutschland (EKD) die übergreifende Missbrauchsstudie des Forschungsverbunds ForuM. Laut EKD soll sie „Strukturen und Muster sexualisierter Gewalt und Missbrauchsformen in der evangelischen Kirche offenlegen.“ Das Ziel ist „eine Gesamtanalyse evangelischer Strukturen und systemischer Bedingungen, die sexualisierte Gewalt begünstigen und ihre Aufarbeitung erschweren“. Es wurde Zeit. Gut so.
Doch es ist sicherlich ein Tag, an dem es vielen schwerfällt, ihn unbefangen zu beginnen. Wie schlimm wird es werden? Wie ehrlich, wie umfassend? Wie viele Floskeln, wie viel ehrliche Bestürzung wird es geben? Wie gut werden sich Betroffene verstanden fühlen?
Im Vergleich mit Studien der katholischen Kirche wird es einige Unterschiede geben, insbesondere hinsichtlich der systemischen Faktoren, die Missbrauch begünstigen. Klerikalismus und Zölibat werden keine Rolle spielen. Und doch wurden Autorität und Gehorsam auch in der evangelischen Kirche in einigen Kontexten missbräuchlich genutzt, wie in Heimen der Brüdergemeinde Korntal. In anderen Einrichtungen gab es ein aktives Wegsehen gegenüber pro-pädophilen Positionen.
Das Wesentliche ist für beide Kirchen gleich: Nicht wegschauen, nicht die Institution schützen wollen, Hinweisen nachgehen. Die jeweils spezifischen Risikokonstellationen offenlegen und alles tun, um Gefahren vorzubeugen. Und ernst nehmen, was der Forschungsverbund ForuM auf seiner Website klarstellt: „Forschung im Kontext von Aufarbeitungsprozessen kann Wissen und Grundlagen zur Verfügung stellen, nicht jedoch weitere Schritte der Aufarbeitung und Erinnerung der evangelischen Kirche und Diakonie ersetzen.“
Das muss das eigentliche Ziel sein: Auf Grundlage der Erkenntnisse handeln. Die nötigen weiteren Schritte gehen. Zum Wohle der Betroffenen.