Kirche und FinanzenZwei Welten begegnen sich

Sind die Finanzstrategien kirchlicher Einrichtungen nicht christlich genug? Das meint zumindest der Präsident der Vatikanbank. Doch wo es um ethische Standards geht, ist die Sache ist komplizierter.

Ursula Nothelle-Wildfeuer
© Flo Huber

Für den Präsidenten der Vatikanbank, Jean-Baptiste de Franssu, steht fest: Die Finanzstrategien kirchlicher Einrichtungen sind nicht christlich genug. Im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" fordert er höhere – ethische – Standards und mehr Professionalität in der Anlagepolitik. Ihm reichen die ESG-Kriterien (Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) nicht aus, denn sie könnten nicht mit der Soziallehre der Kirche gleichgesetzt werden. Vielmehr gehe es um die „Unantastbarkeit des Lebens, Fragen der Abtreibung, der Stammzellenforschung und des Krieges“.

De Franssu sieht sich damit auf der Seite der wahren christlichen Werte und qualifiziert damit expressis verbis ökologische, ökonomische und soziale Werte ab. Ganz anders als Papst Franziskus. Dieser benennt in der Enzyklika „Laudato si" (2015) und noch deutlicher in „Laudate Deum“ (2023) die Sorge für „das gemeinsame Haus“ als genuin christliche Pflicht. Es gehe um den „Weg der Versöhnung mit der Welt, die uns beherbergt“, um „unser Engagement“, das zu tun „hat mit der persönlichen Würde und den großen Werten“ (69). Lebensschutz meint sicher die Sorge um das menschliche Leben am Lebensanfang, aber bezieht sich weit darüber hinaus auf alle Phasen des menschlichen Lebens und umfasst ebenfalls die gesamte Schöpfung. Lebensschutz und Ökologie lassen sich folglich nicht gegeneinander ausspielen.

Ähnliches gilt für das Thema „Krieg“: Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns vor allem in Europa schmerzhaft deutlich gemacht, dass wir bei allen Friedensbemühungen nicht ganz ohne Waffen auskommen werden, gibt es doch ein Recht auf Selbstverteidigung. Auch wenn Waffen und Waffenlieferungen nur eine ultima ratio sind, so haben sie doch dort ihre Berechtigung, wo alle Versuche der Diplomatie gescheitert sind, wo Menschen beziehungsweise Nationen diese Waffen benötigen, um sich selbst und ihre bloße Existenz zu verteidigen. Waffenproduktion wird damit notwendig und lässt sich nicht länger allein auf der Seite des ethisch Verwerflichen verbuchen.

Auch bei diesem so schwierigen Thema gilt: Eine ethische Beurteilung kennt nicht nur schwarz und weiß, sie erweist sich als deutlich komplexer und kennt viele Graubereiche. Das darf sich dann auch in Finanzstrategien niederschlagen: Wichtig ist, dass das Wohl des Menschen und damit verbunden die Schöpfung im Mittelpunkt stehen. Wie dies erreicht werden kann, ist immer auch eine Frage der praktischen Urteilskraft, der Klugheit, der Güterabwägung und vielfach auch des moralisch gerechtfertigten Kompromisses. Nur nebenbei: In ihrer ethischen Professionalität brauchen sich die deutschen katholischen Banken nicht klein machen (zu lassen).

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