Oft wird in der Langeweile des Urlaubes ein gutes Buch zu einer Oase.“ Dieser spannende Satz stammt nicht etwa von einer Buchhändlerin, sondern vom Papst persönlich. Franziskus ist immer wieder für eine Überraschung gut, doch dass er der nicht-theologischen Literatur ein eigenes Schreiben widmet, hat auch das katholische Volk überrascht.
Freilich spricht der Papst auch für seine Generation. Er hegt Vorbehalte gegen die Sozialen Medien, die das Privatleben von immer mehr Menschen durchdringen, beschleunigen und aushöhlen. Auch in den Priesterseminaren beobachtet der Pontifex das Phänomen – und er sorgt sich um junge Priester, die den reizenden Klingeltönen der digitalen Helfer erliegen. Spricht hier ein 88-Jähriger, der die neue Zeit nicht versteht, weil er selbst ohne Handy unterwegs ist und sich wundert, dass seine Umgebung dauernd an den kleinen Geräten fingert? Oder meldet sich der Seelsorger zu Wort, der sich ernsthaft Sorgen macht?
Letzteres dürfte zutreffen. Franziskus empfiehlt sein Heilmittel: Das langwellige Lesen, Langstrecke statt Sprint. Also nicht Kurznachricht, sondern – ganz altmodisch und gehaltvoll – Roman. Es geht nicht um das Vertreiben der Langeweile, sondern um Größeres: Wer sich in fremdes Leben hineinbegibt, sich auf eine andere Kultur einlässt, der wird selbst bereichert. Die Lektüre eines Romans ermöglicht einen „privilegierten Zugang zum Herzen der Menschen“, schreibt Franziskus.
Solche Worte hat man von Päpsten bisher nicht gehört. Wohl wurde bereits Paul VI. eine Nähe zu Philosophen nachgesagt. Und der vielfach begabte Johannes Paul II. schrieb in seiner Jugend einige Theaterstücke. Doch für die Tugend des Lesens hat sich noch kein Nachfolger des Apostels Petrus so starkgemacht. Nun setzt der Papst aus Argentinien einen frischen Akzent. Es steht nur noch eine Frage im Bücherregal: Was soll ich lesen? Zu welchen Titeln greift Franziskus in San Marta? Wie wäre es mit einem apostolischen Kanon der 100 spannendsten Werke…?