Dass die katholische Kirche mit der Kreation von Kardinälen weiblicher wird, wird niemand behaupten. Nach wie vor ist die Berufung in das höchste und feinste Gremium der Kirche nur Männern vorbehalten. Davon abgesehen bildet die Auswahl der neuen Ratgeber eine große Bandbreite ab. Natürlich sind die Vertreter großer Erzbistümer dabei – gewissermaßen die üblichen Verdächtigen. Neben diesen pflichtgemäßen Nominierungen öffnet der Pontifex einen Raum der Überraschungen. Mancher kuriale Mitarbeiter dürfte die Augen gen Himmel wenden ob mancher geradezu anti-hierarchischen Beförderung, die Franziskus vornimmt und damit manche ungeschriebene Regel umwirft.
Der Papst kommt vom Rand, und er holt jetzt Männer an seine Seite, die an den Rändern tätig sind, die also nicht notorisch im Rampenlicht stehen. Der katholische Bischof im orthodoxen Serbien gehört dazu oder der Franziskaner in Indonesien. Am Rand der Karriere steht auch der 99-Jährige Angelo Acerbi, der längst im Ruhestand lebt; als Nuntius in Kolumbien befand er sich mehrere Wochen in der Hand von Geiseln. Und mit Fabbio Baggio befördert Franziskus seinen Umweltbeauftragten zu höchsten Ehren. Bisher rangiert Baggio mit dem bescheidenen Titel eines „Untersekretärs“. Auch er zieht dank päpstlichem Drehmoment an anderen vorbei, die sich innerlich bereits auf die Aufnahme in die Liga der Purpurträger vorbereiten.
Der Kreis der neuen Kardinäle ist divers in einem globalen und religiösen Sinn. Dass deutsche Aspiranten in diesem Jahr leer ausgingen, widerspricht dem nicht. Aktuell dürften gerade einmal drei deutsche Kleriker bei einer Papstwahl mitwirken (Gerhard Ludwig Müller, Reinhard Marx, Rainer Maria Woelki). Das mag befremdlich erscheinen, doch zeichnet es ein Stückweit die harte Realität im Land nach: weniger Katholiken, schwindender Einfluss, weniger Kardinäle. Die Zeiten, in denen deutsche Bischofs-Theologen ihrer Kirche den Weg nach vorne wiesen, scheinen vorbei zu sein.