Dass das Priesterbild in der Kirche gewaltig schief hängt, ist keine neue Einsicht. Auch die Priesterstudie des zap (Zentrum für angewandte Pastoralforschung) der Ruhr-Universität Bochum, die im Mai im Auftrag der Bischofskonferenz publiziert wurde, hat diese Schieflage bestätigt. Demnach baut eine Vielzahl an Priesterkandidaten vor allem auf spirituelle Ressourcen; sie ziehen sich in die Liturgie zurück. Eine Rolle als Gestalter innerhalb sich verändernder Prozesse in der Kirche wollen sie dagegen vorrangig nicht einnehmen.
Dieses eigentümliche Priesterbild wird auch dann offenbar, wenn ein Priester nun öffentlich um die Akzeptanz seines Berufs bittet und meint, er sei aufgrund seiner Berufswahl in der Gesellschaft unerwünscht. Das wird noch zugespitzt, wenn von anderer Seite gefordert wird, man könne dem Klerikalismus den Boden entziehen, indem man den Priester „normal behandelt“ und ihn nicht als „übermenschliches Wesen“ wahrnimmt.
Beide Sichtweisen lesen sich wie ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. Denn sie markieren ein Priesterbild, das zwar nach einer Normalbehandlung verlangt, aber dennoch auf Abgrenzung und Aussonderung aufbaut. Das markanteste Zeichen dafür ist das Kollarhemd, das suggeriert, dass der Träger anders ist als das „normale Gottesvolk“. Und wenn dann noch Auseinandersetzungen mit Anfragen der Gläubigen mit dem Rückzug in den liturgischen Raum ausgewichen wird, ist die Aussonderung perfekt. Wie soll man jemandem, der seine eigene Rolle auf Ausschließungen aufbaut, noch „normal“ begegnen?
Gerade das Priesterbild des Zweiten Vatikanischen Konzils versucht, diesen Aussonderungsgedanken hinter sich zu lassen. Denn das Priesterdekret „Presbyterorum ordinis“ lässt sich nicht ohne die beiden Konstitutionen über die Kirche lesen: „Lumen Gentium“ und „Gaudium et Spes“. Und gerade dort erfährt der presbyterale Dienst eine relativierende Verortung: inmitten des Gottesvolkes. Der Presbyter des Konzils ist einer, der in „der Welt von heute“ seinen Dienst ausübt, er ist einer, der den Fragen der Menschen nicht ausweicht, sondern von allen Menschen ausgehend erst sein eigenes Amt konturiert.
Nicht die Gläubigen müssen die Priester normal behandeln, sondern umgekehrt: Die Priester sind Teil des Gottesvolkes und deshalb angehalten, ihr Amt so auszuüben, dass diese Relation deutlich wird. Überforderungen an den einzelnen sind weniger gegeben, wenn Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt werden. Aktive Teilhabe statt passive Aussonderung: Das könnte das Leitmotiv eines aktuellen Priesterbilds auf der Basis des Zweiten Vatikanischen Konzils sein.