Ist Donald Trump ein Märtyrer? Nach dem Attentat auf den früheren US-Präsidenten feierten ihn viele Anhänger als Heiligen. Verbündete Trumps erklärten sein Überleben mit einer göttlichen Fügung. Auch der Republikaner Cory Mills sprach von einem „Eingreifen Gottes“. Trumps Schicksal passt nicht zur christlichen Definition von Märtyrertum. Der Theologe und Historiker Michael Hochgeschwender bezweifelte in einem Interview für Deutschlandfunk sogar, ob sich der Ex-Präsident in der Rolle eines Leidenden überhaupt gefallen würde. Trump wolle vielmehr eine „cowboymäßige Männlichkeit“ vermitteln. Die Überhöhung und Heiligsprechung eines Politikers in öffentlichen Debatten zeigt aber, welch zentrale Rolle Religion und christliche Glaubenspraxis im US-Wahlkampf spielen.
Und das betrifft nicht nur Trump. US-Medien betitelten Barack Obama nach seiner Wahl zum Präsidenten als „schwarzen Messias“, der unter seinen Anhängern als Befreier der Black Community von Unterdrückung gefeiert werde. Gegner verbreiteten Verschwörungstheorien und machten Obama zum Antichristen. Der Präsident praktiziere im Geheimen den muslimischen Glauben und habe schon seinen Amtseid als Senator in Illinois auf den Koran geschworen.
George W. Bush, praktizierender Methodist, fühlte sich nach den Anschlägen des 11. September 2001 laut Medieninformationen von einer „höheren Macht“ berufen: „Gott hat mir aufgetragen, George geh’ los und bekämpfe die Terroristen in Afghanistan“, zitierten ihn Journalisten der BBC. Vor dem Bombenangriff auf Bagdad habe er gebetet: „Möge Gott uns jetzt führen.“ Bush stritt die Vorwürfe teilweise ab, rechtfertigte den Irakkrieg aber mehrfach mit religiösem Vokabular als „Kreuzzug gegen das Böse“.
Besonderen Zuspruch finden solche Parolen bei der „Christian Right“, einem rechten Sammelbecken neokonservativer und fundamentalistisch-evangelikalen Christen. Während der Präsidentschaft Trumps gewann die Gruppe an politischer Bedeutung. 2016 wählten 80 Prozent aller weißen evangelikalen Christen Trump. Sie gehörten zum harten Kern seiner Wähler. In seinem diesjährigen Wahlkampf versprach Trump eine „aggressive“ Verteidigung der Religionsfreiheit. Er richtet sich damit hauptsächlich an evangelikale Christen.
Das Bekenntnis zum christlichen Glauben spielt für viele US-Amerikaner eine wichtige Rolle. Für christliche Fundamentalisten ist sie Grundvoraussetzung, um überhaupt für das Präsidentenamt zu kandidieren. So betonte Ted Cruz, der sich 2016 als Kandidat der Republikaner für die Präsidentenwahl bewarb, seine Dienerschaft vor Gott: „Any president, who doesn’t begin every day on his knees, isn’t fit be to be commander in chief of this country. – Amen! Amen!“
„God Bless America“ ist ein beliebter Spruch sowohl unter Demokraten als auch Republikanern bei Wahlkampfveranstaltungen. Trump geht noch einen Schritt weiter und benutzt Lee Greenwoods Song „God bless the USA“ sogar als Eingangslied bei Parteiveranstaltungen, macht ihn damit also zu seinem Markenzeichen. Sieht Trump sich damit als Gottgesandter? Wohl kaum. Aber er bedient bewusst ein Repertoire an emotional aufgeladenen, religiösen Begriffen, die seinen Machtanspruch aus der Sicht christlich-fundamentalistischer Wähler zusätzlich legitimieren könnten. Im Wahlkampf bekommt Trump zumindest Unterstützung von rechts.