Wieder einmal ging die Post kaum durch den Briefschlitz. Ein quadratischer, brauner Umschlag, abgeschickt von einem Franziskanerpater, laut Absenderadresse in Bonn. Oder ein Brief von einem Hilfswerk, das offenbar vor allem unter indigenen Völkern in Nordamerika arbeitet. Öffnet man die Briefe, fällt einem alles mögliche Zeug entgegen, das man niemals bestellt hat – und auch nie bestellen würde. Eine CD mit einem Kinderchor aus Brasilien, der Weihnachtslieder singt. Fertig bedruckte Adressaufkleber für die eigene Weihnachtspost. Oder Geschenkanhänger für die Weihnachtspäckchen für die eigenen Freunde und Verwandten.
Kurz vor Weihnachten zeigen sich eine ganze Reihe von Spendenorganisationen wieder einmal von ihrer wirklich unangenehmsten Seite. Subtil versuchen sie, aus den Empfängern der Briefe eine milde Gabe herauszupressen. Wenn da nun schon eine CD mit der Aufnahme eines Kinderchors beigelegt ist, muss man doch eigentlich etwas geben... Stopp, halt! Das muss man nicht! Auch wenn gerade Rentnerinnen und Rentner immer wieder auf solche Mitleid erheischenden Tricks hereinfallen: Missbrauch gibt es auch im Spendenwesen. Niemand darf durch Emotionen zu einer Spende verführt werden, die er eigentlich nicht machen möchte.
Natürlich ist es eine schöne Tradition, zum Jahreswechsel noch einmal Geld für alle diejenigen zu spenden, die auf eine solche Geste angewiesen sind. Wohnungslose und Menschen am Rande der Gesellschaft. Bedürftige im Sudan oder in Uganda. Kinder in Not und Menschen auf der Flucht. Viele Vereine, Hilfswerke und Initiativen kümmern sich um sie. Und die allermeisten Spendenwerke arbeiten seriös, informieren transparent über ihre Arbeit und benutzen weder Adressenhändler noch zweifelhafte Werbegeschenke, um irgendwie an Spenden zu kommen.
Aber gerade in der Weihnachtszeit kann es generell nicht schaden, sich etwas genauer über die Organisationen zu informieren, die um eine milde Gabe bitten. Hat der Verband oder das Hilfswerk, dem man die 50 Euro überweisen will, eigentlich ein Spendensiegel? Veröffentlicht die kleine Initiative aus der Nachbarschaft, für die ein solches Siegel viel zu teuer ist, stattdessen ihren Jahresbericht und eine Übersicht ihrer Einnahmen und Ausgaben transparent im Internet? Denn schwarze Schafe gibt es überall, auch in der Spendenszene. Und gerade in der Weihnachtszeit wirken sie oft besonders weiß, und das nicht nur, weil es draußen schneit.