Fünf Jahre ist es her, dass das kollektive gesellschaftliche Wir über Lockdowns sprach, über richtiges Händewaschen und Mund-Nase-Bedeckungen, über Mindestabstand, Triage, Impfpflicht und Isolation. Zum traurigen Jahrestag der Corona-Pandemie wurden die Rufe nach Aufarbeitung wieder lauter. Brisant wird das Thema zusätzlich durch jüngste Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Zeit“, wonach der Bundesnachrichtendienst und die Bundesregierung Informationen über die Entstehung des Virus in einem chinesischen Labor vorliegen und diese nicht an die Bevölkerung weitergegeben haben könnten.
Man kann an der Pandemie schließlich vieles aufzeigen: Wie rasch Krankheitserreger sich in einer durch und durch globalisierten Welt ausbreiten können, welche Pannen es bei der Kommunikation zwischen Bevölkerung, Politik und Wissenschaft geben kann, wie wenig prognostizierbar Entwicklungen des gesellschaftlichen Körpers sind, wie Verschwörungstheorien entstehen und wo sie sich verbreiten, welche Kipppunkte es in sozialen und medizinischen Systemen gibt, welchen Digitalisierungsnachholbedarf Deutschland hat und so vieles mehr.
Psychische Auswirkungen, Einsamkeit, Ängste – man kann schwerlich sagen, dass diese Themen während der Pandemie totgeschwiegen wurden. Auch greift Kirchenkritik zu kurz, die nur formuliert, dass sich die Kirchen mehr hätten einbringen müssen – vielerorts wurden kreative Arten der Seelsorge umzusetzen versucht oder formierten sich beispielsweise Ehrenamtliche, um gerade alleinstehende ältere Menschen zu unterstützen.
Doch wie viel schwerer ist es, diese Verletzungen heute noch zur Sprache zu bringen: Die Angehörigen, die ihre Sterbenden nicht in den Pflegeheimen und Krankenhäusern haben besuchen können, tragen die Wunden weiterhin mit sich. Beerdigungen, die nur in kleinstem Kreis haben stattfinden können, lassen sich nicht wiederholen. Und vielleicht bedeutet Aufarbeitung auch dies: Dass die Trauer über den verpassten Abschied und den letzten Blick, die letzte Umarmung, die letzten Worte nicht wegrationalisiert wird, das sie bestehen darf – und dass die Toten und die, die um sie trauern, erinnert werden. Das ist das letzte Geleit, das wir ihnen schuldig sind, ein in paradisum, das raunend mitschwingt.