KatholizismusJenseits der Papstkirche?

Johannes Paul II., Benedikt XVI., Franziskus – sie haben das Papstamt geprägt und tun es noch. Doch nicht vergessen werden darf die Frage nach der künftigen Gestalt von Kirche und Papsttum.

Ulrich Ruh
Ulrich Ruh, Ehemaliger Chefredakteur der Herder Korrespondenz© Christian Klenk

Die katholische Kirche ist nicht nur mit Abstand die mitgliederstärkste christliche Glaubensgemeinschaft. Sie ist auch die einzige, die als Papstkirche organisiert ist: „Der Bischof von Rom hat nämlich kraft seines Amtes als Stellvertreter Christi und Hirt der ganzen Kirche volle, höchste und universale Gewalt über die Kirche und kann sie immer frei ausüben“ – so heißt es in der dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils über die Kirche. Im Lauf der letzten Jahrhunderte, spätestens seit dem Ersten Vatikanischen Konzil (1869/70), ist die katholische Kirche zur absoluten Papstmonarchie geworden, die mit einem relativ kleinen bürokratischen Apparat zentral von Rom aus geleitet wird.

Johannes Paul II. (1978–2005) hat mit fast übermenschlicher Anstrengung das Papstamt in allen seinen Dimensionen überdehnt, sein Nachfolger Benedikt XVI. (2005–2013) hat das Amt letztlich überfordert abgegeben (vgl. HK, April 2025, 17–20). Papst Franziskus hat der Kirche vom Beginn seines Pontifikats an ein ambitioniertes, aber in vieler Hinsicht vages Programm der Synodalisierug verordnet, das vermutlich auch noch den nächsten Bischof von Rom beschäftigen wird. Hinter all dem steht wie der sprichwörtliche Elefant die Frage nach der zukünftigen Gestalt der katholischen Kirche als Institution und des Papstamtes im Raum.

Wie könnte der Schritt hinter die überzogene Primatslehre der beiden letzten Konzilien theologisch gelingen und welche Perspektiven ergäben sich kirchenrechtlich-praktisch für die notwendige Redimensionierung des Papstamtes in seiner kirchlichen Stellung? Wie ließe sich nicht zuletzt auch ökumenisch Kapital aus dem weltweiten Ansehen des Papstes als herausragendem Repräsentanten der Christenheit schlagen und welche neuen Strukturen könnten dafür möglicherweise sinnvoll sein (vgl. HK, August 2024, 17–19)? Der katholischen Kirche wird auch zukünftig durch ihre Größe und internationale Präsenz eine besondere Verantwortung unter den christlichen wie nichtchristlichen Religionsgemeinschaften zukommen. Es braucht deshalb eine neue Vision des Papsttums, jenseits der Papstkirche.

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