„Wir brauchen nicht alle Fakultäten. Keine Argumente sprechen dafür, dass alle vier staatlichen katholisch-theologischen Fakultäten aufrecht erhalten werden“, lautete ein Schlüsselsatz des Präsidenten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und praktizierenden Katholiken Werner Welzig am 26. April 2001 bei der Parlamentarischen Enquete zur Universitätsreform. Damit wiederholte er, was als Anfrage in einiger Regelmäßigkeit seit Jahren durch die Medien geistert und besonders den kleineren Fakultäten im öffentlichen Ansehen zu schaffen macht.
In den letzten sieben Jahren wurden die österreichischen Universitäten durch eine Flut von neuen Gesetzen in eine Atemlosigkeit gestürzt, die ausgerechnet für das angestrebte Reformziel der Qualitätsverbesserung zur Bedrohung wird. Das wiederum steigert die Hast und gipfelt nun in den Vorschlägen für das neue Gesetz zur Entlassung der Universitäten in die sogenannte Vollrechtsfähigkeit.
Reformgesetze in schneller Folge
Begonnen hatte der Reformprozess mit dem Entschluss, die Universitäten aus dem (sozial)demokratisch geprägten Universitätsorganisationsgesetz (UOG 75) zu befreien und in eine neue Form der Eigenverantwortung zu führen. Die Ideen des damaligen Wissenschaftsministers sahen für das neue UOG 93 gar eine fast gänzliche Auflösung der ministeriellen Verwaltung zugunsten dezentraler aufgewerteter Universitätsleitungen vor. Entsprechend der beabsichtigten stärkeren Profilierung der einzelnen Universitäten bestimmte das UOG 93 auch nur die Rahmenbedingungen, das konkrete Gesicht sollte sich jedoch jede einzelne Universität durch eine eigene Satzung verleihen. Formal wurden alle universitären Einrichtungen aufgelöst und nach den neuen Satzungen konstituiert. Die Vorbereitungen dafür beanspruchten die Universitäten über Jahre hinweg. Die neue Leitungsstruktur ist geprägt von einer Zusammenarbeit von autokratischen und kollegialen Organen, einige Universitäten haben gewählte Beratungsgremien für die exekutiven Entscheidungsträger eingerichtet. Die letzten Universitäten wurden erst 2000 „gekippt“. Umso heftiger formuliert sich die Kritik, da das neue UOG schon im ersten Jahr nach seiner bundesweiten Realisierung wieder aufgehoben und ersetzt werden soll, ohne die Erfahrungen damit je zu evaluieren.
Der nächste weitreichende Schritt war das neue Studiengesetz (UNIStG) von 1997. Es folgt ebenfalls den Prinzipien der Deregulierung, Dezentralisierung und dem Ausbau der universitären Autonomie. Es setzte 187 zentral geregelte Studienordnungen außer Kraft und legte die Erstellung neuer Studienpläne weitgehend in die Verantwortung der Studienkommissionen vor Ort. Definiert wurde dafür nur ein detailliertes Verfahren, das eine obligate Einbeziehung von externen Beraterinstitutionen, Arbeitgebervertretern und somit im Fall der Theologie auch kirchlichen Stellen regelt. An den Katholisch-Theologischen Fakultäten können folgende Studien eingerichtet werden: „Katholische Fachtheologie“ (Mindestdauer zehn Semester mit 150–170 Semesterwochenstunden [SWSt.]), „Katholische Religionspädagogik“ (ein Diplomstudium für Lehramt Religion ohne Fächerkombination, zehn Semester mit 150–170 SWSt.), „Lehramtsstudium Katholische Religion“ (neun Semester mit 90–110 SWSt., davon 20–25 Prozent pädagogische und fachdidaktische Ausbildung), „Doktoratsstudium Katholische Theologie“, aufbauend auf Katholische Fachtheologie oder Katholische Religionspädagogik, und „Philosophie an Katholisch-Theologischen Fakultäten“ (acht Semester mit 100–120 SWSt.). Mindeststudiendauer und Stundenkontingent wurden bei der Gesetzesvorbereitung mit der Bischofskonferenz und der vatikanischen Bildungskongregation akkordiert. Die wichtigsten Neuerungen des UNIStG sind neben der Studieneingangsphase, die der raschen Orientierung der Studierenden im Fächerspektrum der Studienrichtung bieten soll, das umfangreiche, völlig frei an der Universität belegbare Wahlfachkontingent in der Größenordnung von 10–15 Prozent der Gesamtstundenzahlen und der hohe Pädagogik- und Fachdidaktikanteil beim Lehramtsstudium. Obwohl das Gesamtstundenkontingent gegenüber den Vorgängerstudienplänen kaum reduziert wurde, wird der für die theologischen Fächer verbleibende Anteil deutlich geringer. Die neuen Studienpläne müssen bis Herbst 2002 in Kraft treten, oder die betroffene Studienrichtung ist aufgelöst.
Vom neuen Akademien-Studiengesetz (AStG 1999) sind die Universitäten wenig betroffen, wohl aber die Theologischen Fakultäten. Es erhebt die unzähligen Lehrer-Aus-, Fort- und Weiterbildungseinrichtungen (beispielsweise Pädagogische, Religionspädagogische, Berufspädagogische etc. Akademien und Institute) in den Universitätsstatus und sieht die Errichtung von einheitlichen Hochschulen für pädagogische Berufe bis 2007 vor. Sollten in Hinkunft die bisherigen sechs Religionspädagogischen Akademien oder gar auch die Religionspädagogischen Institute jeder Diözese einen religionspädagogischen Studiengang anbieten wollen, wird es eng am theologischen Markt. Auch gibt es Bestrebungen, nach dem Vorbild der allgemeinen Lehrerausbildung an kirchlichen pädagogischen Akademien alle künftigen Hochschulen für pädagogische Berufe in kirchliche Trägerschaft zu übernehmen. Da jedoch für die staatliche Bezahlung der Hochschullehrerinnen und -lehrer eine Konkordatsänderung erforderlich wäre, wird man diese Frage trotz positiver politischer Signale nur mit sehr viel Zurückhaltung angehen. Fest steht, den Theologischen Fakultäten erwächst Konkurrenz. Realistische Regelungen dürften auf eine exklusive Reservierung der Religionslehrerausbildung der Sekundarstufe II für die Theologischen Fakultäten und eine Reduzierung der Akademiestandorte hinauslaufen, das Ausbildungsmonopol für die Sekundarstufe I hingegen wird man wohl an den Theologischen Fakultäten nicht halten können.
Die Wissenschaftspolitik setzt auf Effizienzverbesserung
Zuletzt wurde am 31. Juli 2001 ein neues Dienstrecht promulgiert. In Vorbereitung auf die Ausgliederung der Universitäten erfolgen Neuanstellungen nicht mehr in öffentlichrechtliche, sondern nur mehr in privatrechtliche vertragliche Dienstverhältnisse. Für die Professoren ändert sich wenig, für den akademischen Mittelbau gehen jedoch Möglichkeiten verloren. Bisher waren nach positiver Evaluierung und Erfüllung der Leistungskriterien Überleitungen in neue Dienstverhältnisse bis zur Definitivstellung möglich. Nach den ersten Plänen sollten die kündbaren Stellen auslaufen, was die faktische Entlassung von Tausenden Assistenten und Dozentinnen bedeutet hätte. Das Gesetz kennt nun Übergangsregelungen. Fest steht aber, dass damit viel Porzellan an den Universitäten zerschlagen wurde. Denn die hohe Identifikation der Mitarbeiterinnen mit ihren Instituten schwindet, wenn die Stellen keine Zukunftsperspektiven haben. Es gibt viele Zweifler, die das intendierte Ziel der Nachwuchsförderung auf den Kopf gestellt sehen, wenn ganze Personengruppen nach ihrer Qualifikation aus den Universitäten gedrängt werden. Gerade wirtschaftsrelevante Institute werden noch größere Schwierigkeiten haben, gute Mitarbeiter an die Universitäten zu holen. Hinzu kommt eine spezifisch österreichische Problemlage. Österreich liegt nicht nur bei der Akademikerquote im Schlusslichtbereich der westlichen Industriestaaten, sondern im internationalen Vergleich wird auch ein überproportional großer Teil der universitären Lehre vom Mittelbau getragen. Findet dort jedoch eine hohe Fluktuation statt, müssen die neuen Vertrags- und Universitätsprofessorenstellen massiv erhöht werden. Deshalb wurde informell die vorzeitige Besetzung von 500 neuen Professuren (bei derzeit 2070 Professuren in Österreich insgesamt) zugesagt.
Die Hastigkeit und Überstürzung der Gesetzesreformen seitens der staatlichen Universitätspolitik sind ein Reflex der rasanten gesellschaftspolitischen Veränderungen. Die Wissenschaftspolitik versucht dem durch Effizienzverbesserungen beizukommen und setzt dabei gerade nicht auf Orientierungswissen, sondern auf funktionales Wissen. Sie will glauben machen, dass die Gesellschaft immer bessere Informationstechnologie benötigt, dass der Markt zu bedienen sei, Bildung- und Kulturtraditionen hingegen belanglos geworden sind. Da diese Politik gegen eine Mehrheit der Beteiligten durchgesetzt werden muss, werden demokratische Prinzipien der Entscheidungsfindung zurückgedrängt. In diesem Umfeld müssen sich die Theologischen Fakultäten in Österreich bewähren. Sie tun es, indem sie sich im Wettbewerb zu behaupten suchen und gleichzeitig durch die Praxis in den eigenen Häusern beweisen, dass sie demokratische Prozesse zur Definition des eigenen Selbstverständnisses hoch schätzen.
Kirchlicherseits kommt den Theologischen Fakultäten zugute, dass die österreichische Kirche nach einem turbulenten Jahrzehnt der umstrittenen Bischofsernennungen und all ihrer Folgen bis hin zur Affäre Groer endlich wieder aus den Schlagzeilen herausgekommen ist. Der Stimme der Kirche erwächst in der Öffentlichkeit wieder mehr Gewicht. Sofern sich ein Trend angeben lässt, stellen sich die Bischöfe deutlicher hinter „ihre“ Fakultäten.
Von Gaming bis nach Wien
Der jüngste und kirchenpolitisch umstrittenste Sprössling in der theologischen Ausbildungslandschaft ist das International Theological Institute for Studies on Marriage and the Family in der niederösterreichischen Landgemeinde Gaming, im Bistum von Bischof Kurt Krenn, an dem einige Dutzende Studierende internationaler Herkunft in der Kartause Maria Thron zusammenleben und vorwiegend englischsprachig unterrichtet werden. Die dort verliehenen akademischen Grade sind staatlich nicht anerkannt. In der Diözese St. Pölten befinden sich drei weitere theologische Ausbildungsstätten. Zunächst die Philosophisch-Theologische Hochschule der Diözese in St. Pölten, die 1785 zur Ausbildung des Diözesanklerus gegründet wurde und an der jetzt etwa 50 Studierende eingeschrieben sind. In der Priesterausbildung liegt bis heute ihre Hauptaufgabe, ein Lehramtsstudium wird aber ebenfalls angeboten. Die Hochschule und die Studienabschlüsse sind staatsrechtlich anerkannt. Diese Anerkennung gilt auch für die Philosophisch-Theologische Hochschule Heiligenkreuz, die 1802 gegründete Ordenshochschule des Zisterzienserordens mit 88 Studenten.
Die Philosophisch-Theologische Hochschule in St. Gabriel ist ebenfalls eine Ordenshochschule. Sie wurde 1889 von Arnold Janssen, dem Gründer der Societas Verbi Divini (SVD), der sogenannten Steyler Missionare, als erste theologische Ausbildungsstätte des Ordens in Mödling bei Wien errichtet. Vertreter der Hochschule haben sich in der Vergangenheit im Bereich der Ethnologie und Missionswissenschaft einen Namen gemacht. Durch die Affiliation an die Päpstliche Universität Urbaniana in Rom sind seit 1986 die theologischen Abschlüsse auch staatlich anerkannt, die Studien wurden daraufhin für Externe geöffnet. Das Missionshaus St. Gabriel zählte 1960 noch 400 Ordensmitglieder, in den Siebzigerjahren belegten etwa 80 Studenten Theologie. Wegen des Ausfalls des europäischen Ordensnachwuchses wurde jedoch 2000 der ordentliche Studienbetrieb (vorerst) eingestellt. Die Hochschule St. Gabriel kommt aber ihrem seit 1975 beschlossenen Profil der „Begegnung mit den nichtchristlichen Religionen sowie der Förderung des christlichen Dialoges mit den verschiedenen religiösen Traditionen der Menschheit“ (Statute) weiterhin durch Symposien und religionstheologische Akademien nach, die vom Religionstheologischen Institut (RTI) unter der Leitung von Andreas Bsteh SVD bereits zur Begegnung mit dem Hinduismus, Buddhismus und Islam abgehalten wurden. Herausragend, weil pionierhaft, sind auch die internationalen christlich-islamischen Konferenzen, die in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Außenministerium die Religionskontakte nach Teheran geöffnet haben (1996, 1999). Darüber hinaus wird in den Schwerpunktfächern der Hochschule ein Wahlfachprogramm für die Studierenden der Evangelischen und Katholischen Theologie in Wien angeboten. Eine Zwischenstellung nimmt die ehemalige Linzer Hochschule ein, die vor einem Jahr als Katholisch-Theologische Privatuniversität Linz akkreditiert wurde. War das Privatuniversitätengesetz von 1999 offensichtlich für IT-Eliteeinrichtungen konzipiert, so waren die Reaktionen in Wissenschaft und Politik doch eher erstaunt, dass ausgerechnet eine theologische Einrichtung als erste die Kriterien erfüllte und in diesen Rang gehoben wurde. Die diözesane Trägerschaft bleibt unangetastet, es eröffnen sich damit aber für die Linzer neue Kooperationsbereiche mit den beiden anderen Universitäten vor Ort, der Johannes-Kepler-Universität und der Kunstuniversität, vor allem durch die Möglichkeit des Ausbaus der Lehramtskombinationsstudien, aber auch durch weitere neue, gemeinsam entworfene Studiengänge. Das Institut für Kunst der Theologischen Privatuniversität verfügt schon jetzt über gute Kontakte zur Kunstuniversität.
Der Charakter der Privatuniversität ist durch den konkreten gesellschaftlichen und kirchlichen Kontext geprägt. Als kirchliche Einrichtung steht sie im engen Kontakt mit der Diözese, ohne dabei ihre wissenschaftliche Eigenständigkeit preiszugeben. Die Theologie meidet es nicht, auch ganz konkret und praxisrelevant zu sprechen. Für dieses Programm steht die Linzer „Theologisch-Praktische Quartalschrift“. Die Kirchenleitung andererseits scheut sich auch nicht, wissenschaftlichen Rat bei ihren Theologinnen und Theologen einzuholen. So veranlasste Bischof Maximilian Aichern vor einigen Jahren ein Symposion zur Frauenordination. Zum kirchlichen Kontext gehört auch die angespannte Budgetsituation der Diözese, die vor zwei Jahren der damaligen Hochschule ein Sparprogramm einbrachte, das vor allem durch Einschleifregelungen, Besetzungsverzögerungen und den Abbau von Doppelprofessuren bewältigt wurde. Für die Praxisrelevanz der Theologie steht auch das drittmittelfinanzierte Institut für Caritaswissenschaften, das durch die zahlreichen Hochschullehrgänge Caritas und Diakonie ein breites Publikum erreicht. Der gesellschaftliche Kontext hingegen wird bestimmt durch den Industriestandort Linz. Ein Schwerpunkt im Bereich von Wirtschaft, Gesellschaft, Ethik und Theologie ist noch im Projektstadium. Der organisatorische und studienrechtliche Rahmen ist immer in enger Anlehnung an die staatlichen Rechtsbestimmungen gefasst. Gegenwärtig sind 220 Studierende in den ordentlichen Diplomstudien eingeschrieben, 343 bei Einbeziehung der Doktor-Studien, außerordentlicher Hörer, Hochschullehrgänge etc.
Die habsburgisch geprägte, österreichisch katholische Mentalität vergisst immer noch großzügig, dass es auch eine Evangelische Theologische Fakultät an der Universität Wien gibt. 1821 gegründet und erst 100 Jahre später als Fakultät in die Wiener Universität integriert, ist sie mit 227 Studierenden die jüngste und kleinste Theologische Fakultät an einer staatlichen Universität in Österreich. Obwohl die personellen Spielräume mit neun Professorenstellen gering sind und kein Reformdruck wegen des Minderheitenschutzes zu befürchten ist, wurden große Anstrengungen für ein eigenes Profil unternommen. Zum einen wird die österreichische Identität des evangelischen Christentums gestärkt, indem auf Kosten des Kirchenrechts der österreichischen Kirchengeschichte mehr Ressourcen zugeteilt werden. Dazu gehört auch die führende Rolle beim Südost-Mitteleuropäischen-Fakultätentag, einem Zusammenschluss der evangelischen Fakultäten und Hochschulen aus dem Raum der ehemaligen Österreich-Ungarischen Monarchie, die weit in den Osten Europas reichte. Zum anderen wurden zwei neue Professuren für Religionswissenschaften (statt Philosophie) und Theologie der Religionen (statt der zweiten Professur in systematischer Theologie) geschaffen. Das Verhältnis zur Kirchenleitung ist denkbar eng.
Wiener Schwerpunkte und Salzburger Spezialitäten
Die Katholisch-Theologische Fakultät an der ältesten deutschsprachigen (1365) Universität ist eine der acht Fakultäten an der Alma Mater Rudolphina, einer der acht Universitäten in Wien. Mit insgesamt 125 000 Studierenden ist Wien eine der größten Universitätsmetropolen Europas. Die Universität Wien wurde erst letztes Jahr in das UOG 93 einbezogen, die neuen Strukturen beginnen erst zu greifen. Mit 1253 Studierenden, 15 Professuren und 23 Assistentenstellen an 14 Instituten hat die Theologische Fakultät eine gesicherte Position. Trotzdem wird sie sich ihre Finanzmittel unter schärfer werdendem Konkurrenzdruck vor Ort erkämpfen müssen. Im Leitbild der Fakultät sind zwei Arbeitsschwerpunkte verankert. Zum einen die Wahrnehmung gesellschaftspolitischer Verantwortung, zum anderen Ökumene sowie interreligiöser und interkultureller Dialog. Begünstigt durch den genius loci als europäischer Schnittpunkt unterschiedlicher kultureller Welten und Religionen und als Weltstadt mit zahlreichen Wissenschaftsdisziplinen, werden diese Schwerpunkte zum Beispiel eingelöst durch die Pastoralsoziologie unter Paul Zulehner mit der Werteforschung (Österreichische Jugendund Europäische Wertestudie) in den Bereichen Familie, Politik und Religion, des weiteren durch das fakultätsübergreifende neue Institut für Ethik und Recht in der Medizin, das der Moraltheologe Günter Virt gegründet hat und bislang auch leitet. Bereit stehen ein dichtes Lehrangebot für Mediziner sowie Fortbildungsmöglichkeiten für medizinische, therapeutische und pflegerische Berufe. Die Frauen- und Geschlechterforschung, die durch den Senat als offensives Forschungsprofil an der Universität verankert wurde, hat es nicht immer ganz leicht, im Bereich der Lehre kirchenpolitisch durchgesetzt zu werden. Im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit präsentiert „Theologie Medial“ in einer Kooperation mit der Evangelischen Fakultät und den niederösterreichischen Hochschulen ihre Forschungsprojekte der Öffentlichkeit vor allem via Internet. Ein anderes Projekt „Uni-Versuch(ung)-Theologie“ führt Schülerinnen und Schüler vor der Matura an die Theologische Fakultät heran. Die Professorenstellen wurden bisher nachbesetzt, ein weiterer Generationenwechsel steht aber in den nächsten Jahren erst bevor.
Die Grazer Katholisch-Theologische Fakultät in der zweitgrößten Stadt Österreichs ist eine der sechs Fakultäten an der 1585 gegründeten Karl-Franzens-Universität und rangiert mit 624 Studierenden (unter 33 000 an der gesamten Uni) auf Platz drei der vier staatlichen katholischen Fakultäten. Mit 14 Professuren (darunter vier Neubesetzungen in jüngster Zeit) und 27 Assistentenstellen sind die dreizehn Institute personell gut ausgestattet. Die neuen Studienpläne treten bereits im kommenden Studienjahr in Kraft. Während die Fachtheologie weitgehend unverändert blieb, zeigt das Lehramtstudium mit den „Medien im theologischen und kulturellen Kontext“ und der Erwachsenenbildung ein eigenständiges Profil. Damit wird der Fakultätsschwerpunkt Theologie – Kultur – Ästhetik repräsentiert, den vor allem Gerhard Larcher und Christian Wessely vertreten. Zum Kennzeichen der Fakultät gehören insbesondere die intensiven Verbindungen zu Südosteuropa durch die Universitätspartnerschaften zu Laibach in Slowenien und Sibiu (Hermannstadt) in Rumänien. In Zusammenarbeit mit Juristen und Historikern wird ein Universitätslehrgang zu Südosteuropa unter dem Thema „Vielfalt der Kulturen und Religionen – Last oder Reichtum?“ vorbereitet. Dass Ende August die Europäische Gesellschaft für Katholische Theologie in Graz und Maribor tagt und dabei die Europathematik auf die postkommunistischen Reformstaaten fokussiert, entspricht der Grazer Kompetenz.
Der dritte Fakultätsschwerpunkt ist die Frauen- und Geschlechterforschung. Ein eigenes Lehrveranstaltungskontingent steht dafür bereit, das unter anderem im Zweijahresrhythmus von einer geplanten Gastprofessorin bestritten wird. Bekannt wurde dieser Schwerpunkt durch die Ausschreibung des Elisabeth-Gössmann-Preises für herausragende Arbeiten zur Frauen- und Geschlechterforschung, der dieses Jahr der Salzburger Religionspädagogin Silvia Arzt für ihre Dissertation über die geschlechtsspezifische Rezeption der Waschti-Erzählung („Frauenwiderstand macht Mädchen Mut“) und Katharina Maria Moser für ihre Diplomarbeit über die Herausforderung des Prostitutionstourismus auf den Philippinen für Kirche und Theologie verliehen wurde. Gelingt es der Fakultät, die in der Stadt verstreuten Institute in ein gemeinsames Gebäude zu versammeln, so darf das zu Recht als zukunftsweisendes Bekenntnis der Universität zur Theologie gerechnet werden.
Die 1622 gegründete und 1962 wieder errichtete Salzburger Paris-Lodron-Universität mit 13 000 Studierenden und nur vier Fakultäten hat in der Mozart-, Festspiel- und Touristenstadt alle Hände voll zu tun, um in der Stadt und in der österreichischen Universitätslandschaft ihren Platz erfolgreich zu behaupten. Umso wichtiger ist es für die Theologische Fakultät mit ihren 428 aktiven Hörern als kleinste der Katholisch-Theologischen Fakultäten ein überzeugendes Profil zu präsentieren. Der Senat knüpfte für alle Fakultäten die Freigabe von Ressourcen an die Genehmigung von überzeugenden Strukturplänen, in denen diese ein Entwicklungskonzept für die nächste Dekade hinsichtlich inhaltlicher Schwerpunkte und Personalplanung vorzulegen hatten. Die Theologische Fakultät entschied sich für weitreichende Reformen, für die der Professor für Christliche Philosophie und neu gewählte Rektor Heinrich Schmidinger ein wichtiger Motor war, und erfährt seitdem einen großen Rückhalt der gesamten Universität. Die bisher zwölf Kleininstitute wurden auf sechs größere Einheiten konzentriert. Aus den frei werdenden Mitteln wurde ein völlig neues und einzigartiges Institut für Theologie Interkulturell und Studium der Religionen gegründet, das auch einen Fakultätsschwerpunkt verkörpert. Zum einen wird damit die erfolgreiche zehnjährige Tradition der jährlichen Gastprofessur für Theologie Interkulturell (ähnlich wie in Frankfurt) aufgegriffen, um eine regelmäßige und vielfältige Lehre durch Experten aus den unterschiedlichen christlichen Kulturen und den nichtchristlichen Religionen zu gewährleisten, zum anderen ist gerade eine neue Professur ausgeschrieben, die diese Begegnungen mit den außereuropäischen jungen Kirchen und mit den anderen Religionen fruchtbar macht für das Selbstverständnis der Theologie und so integrativ den Schwerpunkt an der gesamten Fakultät voranbringt. Die Aufgaben sind umfangreich und schließen neben den im Titel genannten auch die Religionstheologie, Missionswissenschaft, den interreligiösen Dialog und die komparative Theologie ein. Die neuen Studienpläne integrieren diesen Schwerpunkt als neues Pflichtfach. Darüber hinaus wird ein Universitätslehrgang für Spiritualität in interreligiöser Begegnung vorbereitet. Trotz schon vorausgehender deutlicher Einsparungen im Personalbereich ist die Fakultät mit 14 Professuren und 18 Assistentenstellen immer noch gut ausgestattet. An der Salzburger Fakultät laufen sechs von insgesamt zehn österreichischen theologischen Forschungsprojekten des renommierten staatlichen Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), vor allem in den Gebieten der Bibelwissenschaften und christlichen Philosophie. Vor fünf Jahren wurde die „Salzburger Theologische Zeitschrift“ (SaThZ) neu gegründet. Bekannt wurde letztes Jahr auch die von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebene Studie zur Situation des Religionsunterrichtes an den Höheren Schulen, die der Religionspädagoge Anton Bucher erstellt hat. Der Gang durch die Fakultäten von Osten nach Westen endet in Innsbruck. Die Leopold-Franzens-Universität wurde 1669 gegründet und umfasst heute sieben Fakultäten mit 27 000 Studierenden. Die Theologische Fakultät wurde nach der Josephinischen Aufklärung 1857 als Jesuitenfakultät wieder errichtet und im österreichischen Konkordat von 1933 auch als solche abgesichert. Durch das internationale Priesterseminar Canisianum kommt in Innsbruck ein nennenswerter Anteil der gegenwärtig 848 Studierenden aus Ländern der Dritten Welt. Damit ist Innsbruck nach Wien die zweitgrößte Katholisch-Theologische Fakultät in Österreich. Bei der Implementierung des UOG 93 wurden ebenfalls die Institute auf fünf neue zusammengelegt, wobei die Fusion der Bibelwissenschaften und der Fundamentaltheologie, noch mehr aber die Zuordnung der Liturgiewissenschaft, Ökumene und Dogmatischen Sakramentaltheologie zur Historischen Theologie überrascht. Einsparungen wurden dabei nicht vorgenommen. Derzeit hält die Fakultät 16 Professuren und 25 Assistentenstellen. Geplant ist die befristete Umwidmung einer künftig vakanten Professur für ein Studium generale, als Gegengewicht zum Universitätsschwerpunkt Informatik und zur Ökonomisierung der Wissenschaft.
Die Theologischen Fakultäten haben eine Vorbildfunktion
Die Theologische Fakultät hat in einem Fakultätsentwicklungsplan ihre Arbeit unter das Thema „Offenbarung und Dialog“ gestellt. Das Fakultätsforschungsprogramm „Religion – Gewalt – Kommunikation – Weltordnung“ geht auf die Initiative von Raymund Schwager im Gefolge der mimetischen Theorie von René Girard zurück und wird an verschiedenen Instituten realisiert, beispielsweise Dramatische Theologie an der Systematik oder der Universitätslehrgang Kommunikative Theologie an der Praktischen Theologie. Das Erbe des großen Innsbrucker Dogmatikers (1949–1964) aufzuarbeiten, ist die Aufgabe des Karl-Rahner-Archivs. In seiner Tradition steht auch der nach ihm benannte Preis für Theologische Forschung. In Innsbruck erscheint auch die bedeutendste österreichische Theologische Zeitschrift, die „Zeitschrift für Katholische Theologie“ (ZKTh). International geschätzt wird auch die Innsbrucker Literaturdokumentation im Internet. Grundlegend reformiert wurden die Studienpläne. Die drei Diplomstudienrichtungen teilen ein gemeinsames Basisstudium. Durch das weiterführende Vertiefungsstudium in Form eines Modulsystems und die zeitliche Erweiterung des ersten Studienabschnittes auf sechs Semester in der Fachtheologie erhält der Innsbrucker Studienplan eine ganz neue Architektur. Ein Augenmerk liegt auf kooperativen Lehrveranstaltungen. Wie Salzburg bietet auch Innsbruck ein Diplomstudium und Doktoratsstudium für Philosophie an Katholisch-Theologischen Fakultäten an.
Alle Theologischen Fakultäten sind für einen verantworteten Weg in die Zukunft Beratungsprozesse in Form von Fakultätsklausuren bis hin zu gemeinsamen Pilgerreisen eingegangen. In einem sehr unterschiedlichen Ausmaß unterziehen sie sich Reformen. Kaum jemand glaubt ernsthaft, mit dem Konkordat in der Tasche die Hürden der Bewährung in der scientific community am Ort der Universität risikolos unterlaufen zu können. Auch wenn Reformschritte letztlich immer von Einzelpersönlichkeiten abhängen, wurden sie in einem demokratischen Ringen an den Fakultäten geboren. Den gängigen Vorurteilen von der wandlungsunfähigen und autoritären Eigenart der Theologie zum Trotz üben die Theologischen Fakultäten an den Universitäten mitunter geradezu eine Vorbildfunktion aus. So ist nach zahlreichen, in jüngster Zeit positiv beschiedenen Nihil-obstat-Anfragen zu hoffen, dass Werner Welzig nicht nur mit dem Sparsamkeitsargument überzeugt werden kann, sondern dass auch sein Einwand, in der Theologie herrsche wegen der undurchsichtigen und wissenschaftsfremden Erteilung der kirchlichen Lehrbefugnis „kein freies Denken“, zerstreut werden kann.