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S. 541-543
Die vom Bundeskanzler eingesetzte Zuwanderungskommission hatte quasi halbamtlich den Deutschen einen tiefgehenden Bewusstseinswandel attestiert: Eine neue Offenheit für Zuwanderung und Zuwanderer quer durch alle Parteien, gesellschaftliche Gruppen und Interessenverbände. Als untrügliches Indiz dieses Bewusstseinswandels in Deutschland kann zweifelsohne das neue Interesse am Thema Integration gelten. Denn auch wenn sich diese neue Aufmerksamkeit für Integrationsbedarf oder Integrationsdefizite recht unterschiedlich akzentuiert - wer heute sich in politischen Kontexten zur Zuwanderung äußert, nennt im gleichen Atemzug auch die Integration. Bestünden also so nicht gute Chancen zur Auflösung des „integrationspolitischen Reformstaus", den die Kirchen anlässlich der „interkulturellen Woche" Ende September beklagt haben?Geradezu im krassen Gegensatz zur Häufigkeit, mit der der Integrationsbedarf beschworen und Integrationsmaßnahmen gefordert werden, stehen jedoch Klarheit und inhaltliche Schärfe des so viel strapazierten Begriffs. Maßnahmen stehen derzeit im Vordergrund, nicht Maßstäbe, Ziel und Zweck von Integration bleiben oft unterbelichtet.Immer wieder führen solche Unklarheiten und Unsicherheiten zu erregten öffentlichen Debatten und meist auch zu öffentlicher Konfusion. Bei kaum nachvollziehbarem Anlass wird hektisch das Integrationsniveau vermessen, erwachsen aus Identitätshuberei maßlose Integrationsforderungen, die selbst wiederum reflexhaft von den Anhängern der Multikultur mit dem Vorwurf des Rechtspopulismus oder der Ausländerfeindlichkeit quittiert werden.Dort aber, wo Integration oder vorgebliche Desintegration Spannungen und Konflikte auslösen, spielen oft religiös-kulturelle Fragen eine herausragende Rolle. Die Kirche als religiöse Institution kann hier mit besonderer Glaubwürdigkeit gegenüber beiden Seiten eine wichtige Vermittlungsfunktion übernehmen, nicht zuletzt im Werben für größere Sensibilität und Aufmerksamkeit in Bezug auf religiöse Prägung und Bindung überhaupt. Nur müssen die Kirchen in ihrer Anwaltschaft in migrations- und integrationspolitischen Fragen auch damit rechnen, missverstanden zu werden, nämlich nicht als integrierende Kraft, sondern gerade als die vielleicht letzte und einzige Hüterin des „Christlichen Abendlandes". Wo Kirchenführer und Funktionäre sich sehr entschieden etwa für muslimischen Religionsunterricht oder den Bau von Moscheen einsetzen, haben sie vor allem aber auch unverzichtbare Überzeugungsarbeit an der eigenen Basis zu leisten. Von Alexander Foitzik