Ein überbordendes Geflecht von selbstgenügsamen Strukturen, Statuten, Sekretariaten und Kommissionen lähme die Kirche in Deutschland, so lamentieren vor allem konservative Kirchenkreise immer wieder; die Gegenseite verweist auf die vielen so engagierten wie im Glauben verwurzelten Christenmenschen in Räten und Organisationen, die das kirchliche Leben bereicherten. Aus dieser kreisläufigen Debatte aus Vorwürfen und Verteidigungen lässt sich nur dann ein Ausweg finden, wenn auch nach den Hintergründen gefragt wird: Wie kam es zur spezifischen Verfasstheit des deutschen Katholizismus? Die heutigen kirchlichen Strukturen spiegeln in allen europäischen Ländern die jeweilige Geschichte mit ihren entscheidenden Zäsuren wieder. Entsprechend gilt es, die verschiedenen Formen des kirchlichen Lebens immer wieder daraufhin zu überprüfen, ob sie den aktuellen gesellschaftspolitischen und kulturellen Herausforderungen und Problemfeldern noch gerecht werden; und darauf zu achten, dass die wichtigste Ressource einer lebendigen Kirche nicht aus dem Blick gerät - der Mensch.
Von Ulrich Ruh