Die Kirche muss sich in dem, was sie tut und sagt, nicht nach Legislaturperioden richten. Sie verwaltet jahrhundertealte Traditionsbestände, die nicht in Wahlprogramme passen müssen, ihre Repräsentanten werden nicht nur für vier oder fünf Jahre ernannt oder gewählt, ihre Botschaft zielt auf Bekehrung und Nachfolge, nicht auf aktuelle Zustimmung. Dennoch können Wahltermine für die Kirchen Zäsuren markieren, besteht eine starke Wechselwirkung zwischen politischer und kirchlicher Entwicklung.Spätestens seit dem gemeinsamen Sozialwort anderthalb Jahre vor der „Schröder-Wahl" 1998 hat sich vor allem die katholische Kirche von ihrer traditionellen weltanschaulichen Nähe zu den C-Parteien gelöst; diese hatten zuvor schon an Rückhalt in der ihr bis dato treu ergebenen katholischen Wählerschaft eingebüßt.Aus einer eher geschäftsmäßigen parteipolitischen Distanz heraus bringen sich beide Kirchen jedoch weiterhin ins politische Geschehen ein, vor allem in zahlreichen offiziellen Stellungnahmen zu politischen Grundsatz- oder Tagesfragen.
Von Ulrich Ruh