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S. 1-3
Die demographische Entwicklung in unserem Land kann nicht ohne gravierende Auswirkungen auf das Generationenverhältnis bleiben. Gerade in der aktuellen depressiv-aggressiven Stimmungslage im Land, in der sich Besitzstandsdenken, eine wie immer real begründete Unsicherheit und Angst vor drastischen Wohlstandsverlusten, die miserable weltwirtschaftliche Situation und eine beispiellose Orientierungs- und Mutlosigkeit der Politik mischen, ist nahezu jedes Konfliktszenario vorstellbar.Glaubt man allerdings den Familiensoziologen, relativieren sich rasch die Konfliktszenarien, findet der Generationenkrieg nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit statt. Denn nach wie vor existieren sehr stabile, vielfältige Solidarstrukturen zwischen Jung und Alt und bilden sich jenseits familialer Zusammengehörigkeit vor allem auch neue aus. Wenn in jeder Krise eine Chance liegt, muss die Aufregung der letzten Wochen endlich zur ehrlichen Auseinandersetzung mit der „demokratischen Zeitenwende" (Herwig Birg) in Deutschland führen - in der Politik, den gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen, in und zwischen den Generationen. Nicht zuletzt gilt es in dieser neuen Ehrlichkeit zu ergründen, warum eigentlich die „vergreisende" Gesellschaft für viele ein solches Schreckenszenario darstellt.In einer Gesellschaft, in der in gravierendem Ausmaß der Nachwuchs fehlt und in der die Hälfte der Menschen über 54 Jahre alt ist, kann nicht mehr nach den alten Spielregeln verfahren werden. Der hohen Bedeutung entsprechend, die der Erwerbstätigkeit in unserer Gesellschaft nach wie vor eignet, haben Beschäftigungsstruktur und -politik in der Wirtschaft der alternden Gesellschaft jedoch exemplarische Funktion. Die hinter der sogenannten Entberuflichung des Alters stehende Geringschätzung des Leistungsvermögens älterer Menschen, die Vernachlässigung ihrer Kompetenz und Erfahrung hat sich längst über wirtschaftliche Zusammenhänge hinaus verbreitet, ist zur Haltung bei den „Alten" selbst, zum unhinterfragten Klischee bei den Jungen geworden. Die alternde Gesellschaft kann es sich jedoch nicht nur unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht mehr leisten, dieses Potenzial ungenutzt zu lassen. Und die Angst vor einer vergreisenden Gesellschaft rührt wohl zu einem guten Teil aus der Angst vor einer Gesellschaft, in der die Mehrheit freiwillig-unfreiwillig in einer merkwürdigen, im Alltag durchaus auch umtriebigen Passivität lebt, verdrängt aus der Verantwortung, die alle Generationen füreinander tragen müssen. Von Alexander Foitzik