Wie die Chinesen Afrika überrollenEntwicklung oder Rekolonialisierung?

In Europa hat man diese Entwicklung lange nicht wahrgenommen: die rasant wachsende Präsenz Chinas in Afrika. China braucht das afrikanische Öl und sucht neue Absatzmärkte. Nicht zuletzt die zunehmende Verschuldung gegenüber China nährt in Afrika Befürchtungen, ob nicht langfristig so etwas wie eine versteckte Neu-Kolonisierung im Gange sei.

Im Juni 2007 werden die großen Industrieländer der G8 ihr Jahrestreffen in Heiligendamm in der Nähe von Rostock abhalten. Ein 12 Millionen Euro teurer Zaun soll die acht Regierungschefs vor Terroristen und Globalisierungskritikern schützen. Teil des G8-Rituals ist seit ein paar Jahren, am letzten Tag ein paar prominente afrikanische Regierungschefs einzuladen. Sie nehmen nicht an den wirklichen Verhandlungenteil, dürfen aber am Ende aufs Gruppenbild als Statisten einer Public-Relation-Aktion. Im Dezember 2006 lud China sämtliche Regierungschefs Afrikas nach Peking zur Fünfzigjahrfeier der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit ein. 53 Länder folgten der Einladung. Die dreitägigen Feiern waren für China Gelegenheit, Verhandlungen über mehr als 2000 Kooperations- und Handelsverträge mit afrikanischen Ländern zu führen. Der chinesisch-afrikanische Gipfel war durch eine diplomatische Charme-Offensive vorbereitet worden, bei der chinesische Spitzenpolitiker quer durch Afrika reisten, um den Boden für eine enge Zusammenarbeit vorzubereiten. Im Gegensatz zu ihren westlichen Konkurrenten redeten sie dabei nicht von Menschenrechten, guter Regierungsführung und Transparenz. Sie wollen Geschäfte machen und bieten wirtschaftliche Komplettpakete an, inklusive Finanzierung, technischem Knowhow und Personal. Der Vergleich zwischen China und den westlichen Industriestaaten erklärt, warum der Präsident des Senegal, Abdulaye Wade, auf einer Pressekonferenz feststellte, Afrika wende sich immer mehr den asiatischen Ländern – China, Indien und Japan – zu, weil Abkommen mit den USA und Europa langsam und ineffizient seien, während Investitionen aus Asien schnell und direkt durchgeführt würden. Ein kritischer Blick auf Chinas jüngste Handelsinvasion in Afrika ist daher nützlich für alle, die sich um die Zukunft des Nachbarkontinents und seiner Beziehung zu Europa sorgen.

Europa hat Chinas „feindliche Übernahme“ nur sehr langsam wahrgenommen. Tatsächlich bahnt sich diese Entwicklung seit langem an. Im Gegensatz zu vielen europäischen Politikern und Wirtschaftsmanagern, die ihre Entscheidungen oft an der nächsten Wahl oder Aktionärssitzung ausrichten, verfolgt die chinesische Führung konsequent langfristige Ziele. Sie kann dabei an eine lange Geschichte anknüpfen. Schon im Jahr 200 v. Chr. verknüpfte die Seidenstraße China mit Ägypten und im 6. Jahrhundert sollen Handelsschiffe zwischen den Kontinenten verkehrt haben. Stolz sind die Chinesen auf Admiral Zehng He, der möglicherweise 75 Jahre vor den Portugiesen das Kap der Guten Hoffung erreichte. Mit Geld und Waffen unterstützte die Volksrepublik China die afrikanischen Freiheitsbewegungen im Kampf um die Unabhängigkeit von den Kolonialmächten. Diese Beziehungen haben ein Vertrauensverhältnis geschaffen und bilden die Grundlage für die heutige chinesisch-afrikanische Kooperation. Chinas Chance lag auch darin begründet, dass sich Europa und Amerika nach dem Ende des Kalten Krieges aus Afrika zurückzogen. Als Schauplatz von Stellvertreterkriegen wurde Afrika uninteressant und, mit weniger als einem Prozent Anteil am Welthandel, wirtschaftlich unattraktiv. Im Gegensatz zum Westen sahen die Chinesen in Afrika einen wichtigen wirtschaftlichen und politischen Partner.

Chinas Interesse an Afrika und der Erfolg der diplomatischen Großoffensive sind im rapiden Wachsen der Handelsbeziehungen ablesbar. In einem Artikel für die entwicklungspolitische Zeitschrift EINS beziffert ein Mitglied der chinesischen Botschaft in Berlin, Xiaosi Li, dieses Wachstum: Betrug 1950 das Handelsvolumen zwischen China und Afrika noch 0,012 Milliarden US-Dollar und 1979 0,817 Milliarden, waren es im Jahr 2000 schon 10 Milliarden und 2005 gar 40 Milliarden US-Dollar. Diese Handelsabkommen werden durch Exportkredite für chinesische Unternehmen und Investitionskredite für die Partnerländer untermauert. Freizügige Kredite aus den riesigen Exportüberschüssen machen China zum Konkurrenten der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds, vor allem, da es seine Anleihen nicht an lästige Bedingungen knüpft. China fördert nicht nur Infrastrukturprojekte, sondern immer mehr Investitionen privater Unternehmen. Über 800 Unternehmen sind in 49 afrikanischen Ländern tätig und haben dort 1,3 Milliarden US-Dollar investiert. In den nächsten Jahren will Peking solche privaten Investitionen mit einem Fünf-Milliarden-Fonds weiter vorantreiben.

Wenn die Regierungen Afrikas ein so großes Interesse an Projekten mit China zeigen, dann nicht nur, weil China auch Opfer des Kolonialismus war und keine politischen Bedingungen für Kredite fordert. Die Technologie, die China anbietet, ist oft den Bedingungen von Entwicklungsländern besser angepasst und arbeitsintensiv. Die Chinesen haben sich einen guten Ruf geschaffen im Bau von Brücken, Straßen, Wohnkomplexen und Sportstadien. Als erstes Vorzeigeprojekt chinesischer Entwicklungshilfe gilt die zwischen 1969 und 1975 mit Hilfe von 25 000 chinesischen Arbeitern gebaute Tazara-Eisenbahnlinie, die über 1860 Kilometer die Kupferminen Sambias mit dem Indischen Ozean verbindet. Die Beziehungen beschränken sich dabei keineswegs auf die Wirtschaft. Nach Xiaosi Li hat China in den letzten 50 Jahren 15 000 Ärzte nach Afrika geschickt und jährlich über 3000 Fachkräfte in China ausgebildet. In den nächsten drei Jahren sollen es insgesamt 30 000 werden. Kulturabkommen existieren mit 65 Ländern. Im letzten Jahr startete in Nairobi das erste chinesische UKW-Radio auf afrikanischem Boden. Um seine Beziehungen zu China zu stärken, will der Präsident Simbabwes, Robert Mugabe, chinesischen Sprachunterricht an der staatlichen Universität in Harare anbieten. Auf allen Gebieten ist der Einfluss der kommenden Weltmacht spürbar. Chinas Interesse an Afrika rührt nicht aus selbstlosem Engagement für die Armen dieser Welt. Es geht um massive Eigeninteressen, an erster Stelle eine langfristige Sicherung des Energiebedarfs. Das rasante Wirtschaftswachstum Chinas lässt sich nicht allein mit einheimischem Erdöl und Kohle decken, Chinas Durst nach Erdöl ist immens und Afrika ist der Kontinent mit den größten noch nicht ausgebeuteten Energiereserven. Seit Jahren kauft China Erdöl aus Algerien und Libyen. Das ostafrikanische Öl ist strategisch besonders interessant. Bedeutendster Partner ist der Sudan, wo China eine neue Pipeline von Kordofan an die Küste baut. In Kenia konnte man europäische Konkurrenten beim Kampf um Explorationsrechte erfolgreich ausstechen. Aber auch in Westafrika hat China Verträge mit Angola, Gabun und Nigeria geschlossen. Fast überall, wo in Afrika in den letzten Jahren Erdöl gefunden wurde, ist China zur Stelle und investiert Milliarden.

China braucht das afrikanische Öl und sucht neue Absatzmärkte

Gleichzeitig sucht China Absatzmärkte. Man braucht nur auf einen Markt irgendwo in Afrika zu gehen, um zu sehen, dass China bereits einen Großteil des Konsumgüterbedarfs Afrikas deckt. Chinesische Produkte – von Textilien über Fernsehgeräte bis zu Badelatschen – sind billiger und oft qualitativ nicht schlechter. Im Gegensatz zu Europa und den USA betrachtet China den Kontinent als viel versprechenden Zukunftsmarkt. China verfolgt jedoch nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Ziele. Es umwirbt die 56 Staaten Afrikas auch wegen deren Stimmen in den internationalen Organisationen. Die afrikanischen Kollegen sind nützlich, wenn es darum geht, Kritik wegen Menschenrechtsverletzungen – etwa im neu konstituierten UN-Menschenrechtsrat – zu neutralisieren, um in den UN-Sicherheitsrat oder die Welthandelsorganisation (WTO) aufgenommen zu werden. Der wachsende Einfluss Chinas zeigte sich kürzlich beispielsweise in der Wahl der Chinesin Margaret Chan an die Spitze der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Durch die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen mit fast allen afrikanischen Ländern kam Peking ebenso seinem Ziel näher, Taiwan international zu isolieren. Letztlich geht es China wohl darum, mit Hilfe von verbündeten Entwicklungsländern einen Gegenpol zu den hegemonialen Ambitionen der USA zu schaffen. Die stärkste westliche Kritik an Chinas Afrikapolitik betrifft die Missachtung der Menschenrechte. China handelt strikt nach dem Grundprinzip der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten eines Landes, auch wenn die dortige Regierung sich massiver Menschenrechtsverletzungen schuldig macht. Das überrascht allerdings kaum, denn China hat schon immer den Menschenrechten universale Gültigkeit abgesprochen und sie als Produkt westlicher Denkweise abgetan. So kann China ohne Gewissensbisse Robert Mugabe mit Krediten und Investitionen unterstützen und unterläuft damit beispielsweise alle Versuche der EU oder auch der deutschen Politik, über Entwicklungshilfe demokratische Entwicklungen und gute Regierungsführung zu fördern. In Afrika allerdings weist man solche Kritik als scheinheilig zurück, auch die europäischen Regierungen zögen die Menschenrechte nur dann aus der Schublade, wenn es ihren eigenen Interessen diene. Skandalös sind auch Chinas Waffenexporte nach Afrika. Waffenhandel ist eines der lukrativsten Geschäfte, und China hat sich nach Russland zum zweitgrößten Waffenexporteur nach Afrika entwickelt. Die Bundesrepublik ist sicherlich kein Musterknabe, wenn es um die tatsächliche Anwendung der eigentlich scharfen Kriterien des Waffenexportgesetzes geht, wie die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) immer wieder beklagt. Aber China ist bereit, auch die schlimmsten Diktatoren zu bewaffnen. Während die Bevölkerung in Simbabwe Hunger leidet, unterzeichnete China einen Vertrag mit Mugabe über die Lieferung von 12 Kampfjets. Ein Teil der Waffen, die in Darfur von der sudanesischen Regierung und den Janjaweed-Rebellen bei der systematischen Exterminierung der lokalen Bevölkerung eingesetzt werden, stammt aus China.

Die Gläubiger des Pariser Clubs, wie auch die Weltbank und der Internationale Währungsfonds beobachten die Kreditpolitik Chinas mit großer Sorge. Im Jahr 2006 hatten die G8-Staaten lautstark einen 100-prozentigen Schuldenerlass für die ärmsten Länder verkündet. Auch wenn es sich in Wirklichkeit um einen Erlass von 30 Prozent bis 80 Prozent handelt, wie das Entschuldungsbündnis „Erlassjahr.de“ errechnet hat, war es ein Schritt in die richtige Richtung. Die Kreditpolitik Chinas droht jetzt die gerade entschuldeten Länder durch günstige Kredite in eine neue Schuldenfalle zu treiben.

Chinesische Waffen für Afrikas diktatorische Regimes

Mit dem Geld kommen auch immer mehr Chinesen nach Afrika, Leiter und Arbeiter bei Großprojekten wie auch private Investoren, Unternehmer und kleine Geschäftsleute. In Algerien sind allein in der Bauindustrie 10 000 Chinesen beschäftigt, obwohl jeder zweite Jugendliche arbeitslos ist. Die Zahl der Chinesen in Afrika wird auf 130 000 geschätzt und dürfte sich in den nächsten fünf Jahren verdoppeln oder verdreifachen. Es ist chinesische Politik, Arbeitskräfte nicht lokal zu rekrutieren, sondern zu Tausenden direkt aus China zu importieren. Die lokale Bevölkerung, die sich von den Projekten Arbeitsmöglichkeiten versprach, ist enttäuscht. „Es gibt bei uns zahlreiche Arbeitslose“,fragen sich die Einheimischen,„warum die Arbeit von Ausländern verrichten lassen?“ Aber Arbeitsmoral und -methoden sind oft so unterschiedlich, dass eine Zusammenarbeit in der Praxis schwierig ist. Die chinesischen Arbeiter leben meistens in abgeschlossenen Lagern und haben kaum Kontakt zur afrikanischen Bevölkerung. Vielleicht ist das die Ursache eines hartnäckigen Gerüchts, dass es sich bei den Chinesen um Gefangene handele, die ihre Strafe mit unbezahlter Arbeit in Afrika abbüßen. Die große Präsenz von Chinesen, der Aufkauf von Land, die Ausbeutung der Bodenschätze und die wachsende Verschuldung gegenüber China nährt Befürchtungen, ob nicht langfristig so etwas wie eine versteckte Neu-Kolonisierung Afrikas im Gange sei. Geschäftsleute im Senegal demonstrierten gegen unfaire Geschäftspraxis der Chinesen. In Sambia wurde die Präsenz so vieler Chinesen zum Wahlkampfthema. Selbst Südafrikas Präsident Thabo Mbeki warnte in einer Rede vor Studenten in Kapstadt vor der Gefahr einer kolonialen Beziehung zwischen Afrika und China. Wenn Afrika nur Rohstofflieferant und Konsument von Chinas Industrieprodukten bleibe, könne die Unterentwicklung des Kontinents nicht überwunden werden.

Ein Kampf um die Märkte der Zukunft

Afrikanische Regierungen und auch die Zivilgesellschaft werden sich der neuen Machtverhältnisse bewusst und beginnen über die langfristigen Folgen nachzudenken. Das Grundmuster der Beziehungen zwischen China und Afrika ähnelt trotz der rhetorischen Beschwörung einer Süd-Süd-Kooperation stark dem kolonialen Modell: Billige Rohstoffe im Tausch gegen Glasperlen. In Konkurrenz zu Billigprodukten aus China kann sich kaum eine lokale Industrie behaupten, erst recht nicht neu entwickeln. Selbst die hoch entwickelte Textilbranche Südafrikas beispielsweise verlor seit der Abschaffung der Textilquoten 30 000 Arbeitsplätze. Ob Chinas Handelsbeziehungen mit Afrika zu einer dauerhaften Entwicklung des Kontinents führen, ist ebenso fraglich, wie die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die die Europäische Union 2007 mit den 79 afrikanisch-karibischpazifischen Staaten in Form eines Freihandelsabkommens abschließen will. Nicht die Entwicklung Afrikas steht im Mittelpunkt, sondern der Kampf um die Märkte der Zukunft.

Der wirtschaftliche und politische Einfluss Chinas in Afrika ist unübersehbar. Welchen Einfluss aber wird die chinesische Präsenz auf die Kultur und die religiösen Welten Afrikas haben? Die Frage ist schwierig zu beantworten, da Afrika sich ohnehin – mit und ohne China – in einem tiefen kulturellen Umbruch befindet. Chinas Aktivitäten auf dem Kontinent sind Teil der vielschichtigen und schwer durchschaubaren Prozesse, die unter dem Etikett „Globalisierung“ zusammengefasst werden. Sklavenhandel und Kolonialismus waren Teil einer frühen Globalisierung, und viele Afrikaner sehen die jetzige Globalisierung als eine Weiterführung der Kolonialstrukturen unter anderem Namen. Die einschneidendste Zäsur nach der Unabhängigkeit war die Demokratisierungswelle Anfang der neunziger Jahre, die zwar auf politischer Ebene kaum konkrete Früchte trug, die Medienlandschaft aber in fast allen afrikanischen Ländern revolutioniert hat. Das staatliche Medienmonopol wurde gebrochen. Eine Flut kommerzieller Zeitungen, Videos, Radio- und Fernsehsender brachte die globale Konsum- und Popkultur in das letzte Dorf und unterhöhlte damit viele traditionelle Wertvorstellungen Afrikas. Ein zweiter Faktor, der das Gesicht Afrikas in den nächsten Jahrzehnten massiv verändern wird, ist die Landflucht und das explosive Anwachsen von Mega-Städten. Der Großraum Lagos, der im Jahr 1950 290 000 Einwohner zählte, wird nach Projektionen der Vereinten Nationen im Jahr 2010 über 20 Millionen Einwohner haben. Es ist dieser Urbanisierungsprozess, der die Mentalitäten und Kulturen am nachhaltigsten verändern wird. Auf den ersten Blick mag es da überraschen, dass diese gewaltigen Umwälzungen die religiöse Vitalität der Afrikaner kaum zu berühren scheint. Wie jeder Besucher einer afrikanischen Großstadt schnell feststellt, boomt das religiöse Angebot in allen Farben und Formen. Die Konsumkultur beeinflusst eher der Inhalt der religiösen Botschaft. Neben den Kirchen und Sekten, die eine Verschmelzung der biblischen Botschaft mit Symbolen und Vorstellungen der traditionellen afrikanischen Religionen charakterisiert, werden die modernen Bewegungen, die ein „Erfolgsevangelium“ (gospel of prosperity) predigen, immer populärer. Sie bieten eine Art religiöser Legitimierung der neuen kapitalistischen Werteordnung: Reichtum beweist Gottes Segen, ganz gleich mit welchen korrupten Methoden man ihn erworben hat.

Wenn chinesische Präsenz einen Einfluss auf Kultur und Religion haben wird, dann in dem Sinne, dass sie die existierende Tendenz zu Materialismus und sozialer Verantwortungslosigkeit verstärken könnte. China kämpft im eigenen Land vergeblich gegen Korruption und wird kaum moralische Maßstäbe in Afrika setzen können. Dass China in Afrika den Kommunismus als Ideologie verbreiten wird, ist eher unwahrscheinlich. Afrikanische Eliten haben sich gegenüber ideologischen Ansätzen in der Vergangenheit stets relativ immun gezeigt, sie bestenfalls zur Legitimierung von Macht benutzt. Ansonsten huldigt man dem großen Pragmatismus. Aber die chinesische Kombination von freier Marktwirtschaft und politischer Diktatur entspricht den Vorstellungen vieler afrikanischer Politiker. Der Einfluss Chinas in Afrika wird weder demokratische Strukturen und Werte fördern, noch die Ursachen der vielen Konflikte in Afrika lösen.

China ist nicht der einzige neue „Spieler“ auf dem afrikanischen Kontinent. Indien drängt auf den afrikanischen Markt, und Brasilien hat im Dezember seinen eigenen afrikanischen Gipfel veranstaltet. Das alte Schema, die Welt in Nord und Süd aufzuteilen, entspricht nicht mehr der Wirklichkeit. Die rasante Industrialisierung der Schwellenländer schafft eine multi-polare Welt, in der Europa an Einfluss verliert. Für die Zukunft Afrikas bietet das Chancen und Gefahren. Dass es neue mögliche Partner gibt, die mit Krediten und Investitionen locken, wird die Abhängigkeit Afrikas von den alten Industrieländern und deren Machtinstitutionen, wie IWF, Weltbank und Welthandelsorganisation, verringern. Ob Afrika diese Freiheit nicht nur für kurzfristige Gewinne, sondern für eine dauerhafte Entwicklung genutzt wird, bleibt ungewiss.

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