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Theologen quittieren ihren Dienst und werfen damit Fragen auf.

Verschiedene Meldungen, die gleichermaßen viel verbindet wie trennt, ließen in den vergangenen Wochen aufhorchen.

Zuerst quittierte der Mainzer Neutestamentler Marius Reiser mit großem Aplomb seinen Dienst als Universitätsprofessor. In einem ganzseitigen Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ legte er dar, dass er 1991 zu Konditionen als Hochschullehrer berufen wurde, die heute obsolet sind („Warum ich meinen Lehrstuhl räume“, 14. Januar 2009). Durch den Bologna-Prozess seien das Studium verflacht und die Arbeitsbedingungen für die Professoren untragbar geworden.

Die Universität verkomme zu einer „Lernfabrik“. Auch die persönliche Unabhängigkeit und Freiheit der Hochschullehrer sei durch Drittmittelabhängigkeit, leistungsorientierte Besoldung und fragwürdige Evaluationen beschnitten worden. An keiner Stelle gehe es bei den Universitätsreformen um den „Geist, der nach Bildung verlangt“. Auch die Theologie höre auf, Wissenschaft zu sein, wenn sie nur noch als Mittel zum Zweck der Ausbildung von Religionslehrern und Predigern gesehen werde.

Deshalb habe er seinem Arbeitgeber schriftlich mitgeteilt, dass er aus dem Dienst ausscheiden wolle – und wird offenbar jetzt wieder ausschließlich das tun, wozu er sich berufen fühlt: Lesen, Diskutieren, Schreiben. Bis zur Emeritierung wäre es noch mehr als ein Jahrzehnt gewesen.

Ende Januar wurde dann bekannt, dass der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch Werner Tzscheetzsch, dem Religionspädagogen „seiner“ Fakultät, die Lehrbefugnis entzogen hat – ohne Lehrbeanstandungsverfahren, wie es hieß. Was Unbedarfte empörte, weil es vermeintlich kein geregeltes Vorgehen gegeben habe, stellte sich als bisher singulärer Fall heraus: Tzscheetzsch hatte dem Erzbischof mitgeteilt, dass er sich nach reiflicher Überlegung nicht mehr im Stande sehe, den kirchlichen Anforderungen an einen Theologen zu genügen. Zollitsch hatte so gar keine andere Wahl, als dem Theologen die Lehrerlaubnis zu entziehen, mitten im Semester und kurz vor den Prüfungen, die die Schützlinge jetzt andernorts ablegen mussten.

Zum kirchenpolitischen Skandal taugt der Fall also nicht. Tzscheetzsch, der seit 1995 Professor für Pädagogik und Katechetik an der Fakultät war, hat sich zwischenzeitlich auch mehrfach anerkennend über die Reaktionen des Erzbischofs auf sein Ansinnen gezeigt. Es habe mehrere längere Gespräche über seine sehr persönliche Entscheidung gegeben – zu der er keine weiteren Angaben machen wollte. In jedem Fall fühle er sich nicht als Verfolgter der Kirche.

Beide Fälle unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht. Im ersten Fall liegt der Professor mit seiner Universität und der gegenwärtigen Bildungspolitik im Clinch, im zweiten reibt sich ein Theologieprofessor an den kirchlichen Vorgaben für seine Arbeit. In beiden Fällen dürften weitere persönliche und damit nicht auf einen Nenner zu bringende Umstände hinzukommen. Und während Tzscheetzsch an einer anderen Fakultät weiter wirken wird, weil ihm als Landesbeamten nicht gekündigt werden kann, muss sich Reiser jetzt als Privatier behaupten.

Die entsprechenden Gewissensentscheidungen müssen auch jeweils respektiert werden. Trotzdem werfen die beiden Demissionen deutscher Theologen Fragen auf. Offenkundig ist die Sorge nicht unbegründet, das die Theologie nicht nur in Deutschland droht, zwischen wissenschaftlichen Ansprüchen, bildungspolitischen Vorgaben und kirchlichen Loyalitätsforderungen zerrieben zu werden (vgl. HK, Januar 2009, 15ff.).

Die Nachricht etwa, dass der katholische Theologe Jean-Pierre Wils aus Protest gegen die Entscheidung des Vatikans, die Exkommunikation der vier Bischöfe der „Bruderschaft Pius X.“ aufzuheben, aus der Kirche ausgetreten ist, bedeutet ein weiteres grelles Schlaglicht auf die gegenwärtigen Verstimmungen zwischen dem Lehramt und den Theologen. Wils gab zu Protokoll, er wolle sich nicht mehr mit dem „anti-modernen, anti-pluralistischen und totalitären Geist dieser Kirche“ identifizieren lassen. Er wird freilich weiter als Professor an der Fakultät für Religionswissenschaft der Radboud Universität in Nimwegen lehren können.

Reiser erhielt nach eigenen Angaben eine „überwältigende“ Reaktion von Kollegen auf seinen Schritt, sie falle „mit wenigen Ausnahmen uneingeschränkt zustimmend“ aus. Folgen in sein neues Leben als Privatgelehrter will ihm aber bisher niemand, schreibt der KNA-Informationsdienst (21. Januar 2009).

Das wäre auch fatal. Trotz wissenschaftspolitischer Zumutungen und kirchlicher Zwänge sollte es gerade angesichts der schwierigen Situation für die Theologie nicht dazu kommen, dass diese Fälle Schule machen. Bestünde sonst nicht die Gefahr, dass sich das Fach selbst demontiert?

Das Standing gegenüber den anderen Fakultäten, die die Arbeit der Theologen ohnehin oft genug argwöhnisch beobachten, wird sich durch solche Schritte auf keinen Fall verbessern – einmal ganz abgesehen davon, dass angesichts des Kampfes um Lehrstühle nicht auf Begeisterung stoßen kann, wenn ein Theologe an eine andere Fakultät zwangsversetzt wird, seine Stelle aber aufgrund des Konkordats wiederbesetzt werden muss.

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