„Der barmherzige Umgang mit gebrochenen Biographien“: Dies wird, so haben es die Bischöfe jüngst bei ihrer Vollversammlung verabredet, künftig ein thematischer Schwerpunkt für die Kirche in Deutschland sein. Konkret geht es um einen angemessenen Umgang mit denjenigen, die nach einer Scheidung eine zweite Zivilehe eingegangen sind, solche also, die, schuldlos oder nicht, in ihrer Ehe gescheitert sind, die aber einen neuen Anfang suchten, eine neue Bindung wagten. Zweifelsohne riskiert die Rede von Barmherzigkeit in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Missverständnissen und setzt diejenigen, die einen barmherzigen oder barmherzigeren Umgang der Kirche einfordern, auch (wohlfeilen) Verdächtigungen aus. Verzichtbar ist die Rede von einer „barmherzigen“ beziehungsweise „unbarmherzigen“ Kirche jedenfalls nicht. Geht es doch vor allem darum, selbstkritisch und in der Auseinandersetzung mit dem eigenen Scheitern aufzuspüren, wo die Kirche ihrer vorrangigen Aufgabe und Sendung nicht genügt: den barmherzigen Gott zu verkünden, der sich in Jesus Christus gerade der „Armen“, also auch der Gescheiterten und Gebrochenen, der Sünderinnen und „Zöllner“ angenommen hat.
Von Alexander Foitzik