Kroatien und seine Kirche nach dem EU-BeitrittNüchterne Realität

Seit dem 1. Juli 2013 ist Kroatien Mitgliedsland der Europäischen Union. Der Weg dahin war langwierig; die Haltung der kroatischen Bevölkerung zur EU ist ambivalent. Die im Land dominierende katholische Kirche hat den Beitritt zur EU ausdrücklich befürwortet und dabei vor allem an die christlichen Wurzeln Europas erinnert. Zu einer Kraftprobe mit der Regierung kam es Ende des vergangenen Jahres.

Die große EU-Erweiterung (2004), als zehn Länder meist aus dem ehemaligen Ostblock in die Europäische Union aufgenommen worden sind, liegt schon etliche Jahre zurück. Rumänien und Bulgarien konnten allerdings die Beitrittsverhandlungen nicht rechtzeitig abschließen und traten nachträglich der Gemeinschaft bei. Vorher mussten alle Beitrittskandidaten grundlegende politische, wirtschaftliche und Rechtsreformen durchführen und eine gewisse demokratische Reife vorweisen. Die Aufnahme in die europäische Völkerfamilie sollte sie vor groben Globalisierungsprozessen schützen und den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft in Frieden, Freiheit und sozialer Gerechtigkeit ermöglichen.

Die Euphorie, mit der man sich damals auf den Zuwachs von neu zugekommenen Mitgliedern gefreut hat, ist heute weitgehend verflogen und einer nüchternen Realität gewichen. Die tiefe Finanz- und Wirtschaftskrise der letzten Jahre ist an Europa nicht spurlos vorbeigegangen und traf besonders hart einige südeuropäische Staaten. Die EU geriet somit zunehmend in eine Zerreißprobe und streitet zum Teil bis heute darüber, wie sie die gewaltigen Wirtschaftsprobleme in den Mitgliedstaaten angehen und wie weit sich die gegenseitige Solidarität erstrecken soll.

Der Weg Kroatiens in die europäische Integration war anders und verlief notgedrungen viel langwieriger als dies bei den erwähnten EU-Kandidaten der Fall war. Der junge nach Unabhängigkeit strebende Staat musste bei der Auflösung des ehemaligen Jugoslawien zunächst seine Freiheit gegen eine Aggression hart erkämpfen. Die enormen Kriegsschäden und der anschließende Wiederaufbau haben die ohnehin schwierige Privatisierung der Wirtschaft noch zusätzlich kompliziert.

Eine ambivalente Beziehung zur EU

Während andere Kandidaten für die Vollmitgliedschaft in der EU schon am Ziel angekommen waren, eröffnete Kroatien erst die Beitrittsverhandlungen. Der Annäherungsprozess dauerte wiederum länger und gestaltete sich schwierig, bis Kroatien dann schließlich am 1. Juli 2013 als 28. Mitglied der Europäischen Union aufgenommen wurde. Die offiziellen Feierlichkeiten an jenem Tag in Zagreb waren in mehrerer Hinsicht symptomatisch. Zunächst ist anzumerken, dass dieses für das Land zweifellos wichtige Ereignis mit einer historischen Tragweite eher verhalten gefeiert worden ist. Signifikant war auch die Tatsache, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, offensichtlich aus politischen Erwägungen, ihr Kommen in die kroatische Hauptstadt kurzfristig abgesagt hat.

Aus ganz anderen Gründen fehlte unter den Gästen der langjährige kroatische Regierungschef Ivo Sanader, der zur Zeit im Gefängnis sitzt und sich in mehreren Korruptionsprozessen vor Gericht verantworten muss. Diese drei wichtigen Details beim Festakt zum Beitritt bedürften einer genauen Erklärung und weisen auf einige noch immer virulente und nicht aufgearbeitete Probleme hin, die das gesellschaftliche und politische Leben des Landes weiterhin belasten.

In den vergangenen Jahren hat ein Großteil der kroatischen Bevölkerung zur EU eine ambivalente Beziehung entwickelt. Mit ihrer mediterranen und mitteleuropäischen geistigen Prägung und dem katholischen Erbe, das bis in das 7. Jahrhundert zurückreicht, betrachten sich die Kroaten seit jeher als festen Bestandteil der europäischen Kultur und ihrer Werte. Alle wichtigen politischen Parteien haben den Beitritt des Landes zur Europäischen Union befürwortet. Ebenso hat sich die katholische Kirche als eine sehr einflussreiche moralische Institution zu den Bemühungen um die europäische Integration positiv ausgesprochen.

In allen Ländern unseres Kontinents finden sich sowohl Euroskeptiker, die das europäische Projekt ablehnen, als auch Eurooptimisten, die es unterstützen. Dennoch zeigt Kroatien in Bezug auf die übernationalen Integrationen seine spezifische Haltung, die sich aus den bisher meist negativen Geschichtserfahrungen in den aufgezwungenen multinationalen Staatsformen herleitet. Sehr präsent sind noch immer die Erinnerungen an die großen Opfer und das vielfache Leid, das als Preis für die Freiheit und Trennung vom letzten derartigen politischen Gebilde gezahlt wurde.

Deshalb verwundert es nicht, dass viele Menschen aus allen gesellschaftlichen Gruppen einer künftigen Integration misstrauten und dazu äußerst vorsichtig waren. Erst vor kurzem noch sei man mit großen Anstrengungen aus einer ungewollten Assoziation ausgetreten, nun solle man schon wieder unter der Abgabe von Teilen seiner Souveränität einer neuen Integration beitreten. Hinzu kam, dass die EU während der so genannten Wende uneinig und zu sehr mit sich selbst beschäftigt war und sich zu wenig in der Krisenregion im Südosten Europas engagierte, um die dort in Gang gekommenen politischen Vorgänge friedlich zu gestalten. Auf jeden Fall fühlte sich Kroatien in dieser für seine Existenz bedrohlichen Zeit allein gelassen und ohne EU-Solidarität.

Als die Beitrittsverhandlungen dann begonnen hatten, waren zwar von außen immer wieder manche Anstöße zur Durchführung von Reformen und zur Erfüllung von Kriterien nötig. Man kann sich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass manche EU-Länder die Verhandlungen mit Kroatien als Disziplinierungsmaßnahmen benützt haben. Wie sich später gezeigt hat, wurde dem Land wiederholt unkorrekt vorgeworfen, General Ante Gotovina, der vom Internationalen Kriegsgericht wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen beschuldigt war, zu verstecken und ihn dem Tribunal in Haag nicht ausliefern zu wollen. Der Fall war brisant, da der General bei den meisten Kroaten als Kriegsheld und Symbol im Freiheitskampf ein hohes Ansehen genoss. Er wurde schließlich im Ausland gefasst und in erster Gerichtsinstanz zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt, dann aber im Berufungsverfahren Ende November 2012 freigesprochen.

Auch der westliche Nachbar Slowenien hat einige Zeit die kroatischen Beitrittsverhandlungen blockiert und seinen vorteilhaften Status als EU-Mitglied ausgenützt, um Kroatien bei der Lösung einiger noch offener Grenzfragen zum Kompromiss zu bewegen. Viele Kroaten waren von derartigen Vorkommnissen im Verhandlungsprozess unangenehm überrascht und im Eindruck bestärkt, dass ihr Land seine Staats- und nationale Interessen in den Verhandlungen nicht genügend wahren kann. Sie fürchteten daher, dass auch später im Rahmen der EU, ihre Politiker gegen ein mögliches offenes oder verstecktes aggressives Benehmen einiger seiner Nachbarn nicht gewappnet seien.

Die katholische Kirche war für den Beitritt

Die damalige Mitte-Rechts Regierung wusste wohl um die tief geteilte Stimmung in der Bevölkerung zum EU-Beitritt. Daher hat sie bei der Vorbereitung für die Volksbefragung die gesetzliche Mindestbeteiligung für die Gültigkeit eines Volksentscheids gestrichen, um so zu verhindern, dass das Projekt eine Niederlage erleidet. Es ist vielleicht nicht vermessen zu behaupten, dass ein entscheidendes Votum für den Beitritt Kroatiens, ähnlich wie seinerzeit in Polen, von kirchlicher Seite gekommen ist. Die beiden letzten Päpste haben in mehreren Äußerungen die kroatischen Bestrebungen befürwortet, auch auf der politisch-institutionellen Ebene der europäischen Völkerfamilie beizutreten.

Dies tat sowohl Johannes Paul II. bei seinen drei Pastoralbesuchen in Kroatien, zuerst noch im Kriegsjahr 1994, als auch Benedikt XVI., der im Juni 2011 anlässlich des Kroatischen Familientags nach Zagreb kam. In der letzten Phase der Verhandlungen vor dem Referendum haben sich die Bischöfe mit einem längeren Schreiben im März 2010 an die Gläubigen gewandt (www.hbk.hr). Wie ein Politologe damals in seinem Kommentar treffend bemerkte, stelle dieses Dokument der Kroatischen Bischofskonferenz eine Abkehr vom Euroskeptizismus dar, der unter Katholiken und in manchen kirchlichen Kreisen vielfach anzutreffen war.

Die Bischöfe erklärten am Anfang ausdrücklich, dass sie in Europa unsere Vergangenheit wieder erkennen, unsere Gegenwart sehen und mit Hoffnung auch unsere Zukunft erblicken. Sie erinnern an die Anfänge der europäischen Idee vor rund sechzig Jahren, an die Väter der Einigung, die überzeugte Katholiken waren und das künftige Europa auf dem Fundament des gemeinsamen christlichen Erbes aufbauen wollten. Das Dokument beruft sich ferner auf die Päpste des 20. Jahrhunderts, die allesamt das europäische Projekt unterstützt haben. Nur kurz wird auf die Schwächen und Probleme der EU ein­gegangen, die man vor allem in der gegenwärtigen tiefen Wertekrise und im starken Relevanzverlust von christlichen Lebensorientierungen sieht. Gerade die Frage der christlichen Wurzeln als Grundlage des gemeinsamen europäischen Hauses gelte es zu bewahren und zu stärken.

Daher rufen die Bischöfe zum Schluss des Schreibens ihre Gläubigen auf, aufrecht und mit Würde der Gemeinschaft europäischer Völker beizutreten und sich zugleich durch ein aktives gesellschaftliches Engagement für die grundlegenden humanen und christlichen Werte einzusetzen. Dabei nennen sie einige, auf die diese Gemeinsamkeit ausgebaut werden soll: die biblische Wahrheit vom Menschen, das christliche Bild von der Ehe und Familie, der Schutz des Sonntags, die Bewahrung christlicher Symbole im öffentlichen Leben. Mit diesem Dokument wird in seinem Grundton gewissermaßen das Ja zur EU kirchlich abgesegnet. Der Volksentscheid über den kroatischen EU-Beitritt hat im Januar 2012 stattgefunden. Daran beteiligten sich rund 44 Prozent der Wahlberechtigten, was von nur mäßigem Interesse der Bürger an dieser wohl wichtigen Entscheidung zeugt und verglichen mit anderen derartigen Befragungen sicher eine der niedrigsten Werte darstellt. Davon votierten 66 Prozent für den Beitritt des Landes in die Europäische Union.

Keine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit

Unmittelbar vor dem Beitritt Kroatiens zur EU hat die deutsche Kanzlerin der Einladung zur offiziellen Feier eine Absage erteilt. Der Anlass dazu dürfte zunächst mit der Tatsche zusammenhängen, dass sich die kroatischen Behörden wiederholt geweigert haben, Josip Perković der deutschen Justiz auszuliefern. Perković, ein hoher kroatischer Geheimdienstoffizier und vormals Mitglied des berüchtigten ehemaligen jugoslawischen Geheimdienstes Udba, wird beschuldigt, der Auftraggeber des Mordes an einen kroatischen Dissidenten im Jahre 1983 in Bayern gewesen zu sein.

Wie inzwischen bekannt ist, ermordete die Udba während dreier Jahrzehnte 65 Exilkroaten im Ausland, davon 22 in Deutschland. Hinzu kamen eine Reihe von Mordversuchen und Entführungen. Die Mörder wurden nach der Ausrichtung ihrer schmutzigen Arbeit noch belohnt. Der genannte Geheimdienstler ist im Kroatienkrieg auf die Seite der demokratischen Kräfte gewechselt und blieb weiterhin in gleicher Beschäftigung, was ihm als hohes Verdienst angerechnet wurde. Nachdem nun Kroatien der EU beigetreten ist, musste es nach dem europäischen Haftbefehl den mutmaßlichen Täter endlich ausliefern.

Dies aber wollten die regierenden Sozialdemokraten als Nachfolgepartei der ehemaligen Kommunisten auf jeden Fall vermeiden. Offenbar befürchteten sie, dass der Beschuldigte manche Verbrechen, korrupte Machenschaften und Staatsterror des ehemaligen Regimes, in die auch eine Reihe ihrer noch aktiven Parteifreunde verwickelt sind, ans Tageslicht bringt. Um den drohenden politischen Schaden abzuwenden, entschloss sich Regierungschef Zoran Milanović zu einer durchsichtigen und auch innenpolitisch sehr umstrittenen, diplomatisch überaus schädlichen Entscheidung. Drei Tage vor dem EU-Beitritt des Landes, ließ er noch ein Sondergesetz beschließen, das die Anwendung des Europäischen Haftbefehls auf Straftaten, die nach 2002 begangen wurden, begrenzt.

Es war zu erwarten, dass Brüssel unilaterale Änderungen an dem, was zuvor mit der EU vereinbart war, niemals akzeptieren würde. Die klare Botschaft aus Deutschland, dass die Verschleierung oder gar Ignorierung von schweren Verbrechnen nicht toleriert würde, wollte man in arroganter Weise nicht verstehen. Erst als die Europäische Kommission im weiteren Verlauf Sanktionen angedroht hat, war die Regierung nach anfänglichem Zögern bereit, das umstrittene Gesetz zu ändern, um es rasch und bedingungslos mit dem europäischen Recht in Einklang zu bringen. Das Land trägt schon jetzt einen unrühmlichen Rekord, wie sich ein Journalist zum Streitfall ausdrückte: Kaum in der EU angekommen, müsse es wegen Rechtsbruchs mit Sanktionen rechnen.

Der vorgebrachte Fall, mit dem Kroatien viel Vertrauen leichtsinnig verspielt hat, ist ein deutliches Beispiel dafür, dass die politische Elite, die seit zwei Jahren die Macht ausübt, nicht bereit ist, sich mit ihrer jüngsten Vergangenheit auseinanderzusetzen und deren dunkle Seiten aufzuarbeiten. Die Europaratsresolution hat seinerzeit die Verbrechen totalitärer kommunistischer Regime verurteilt und eine klare Distanzierung von derartigen schweren Menschenrechtsverletzungen sowie Sympathie für die Opfer verlangt.

Diese Aufgabe wird von der aktuellen Regierung einfach obstruiert. Nach wie vor werden kommunistische Verbrechen geleugnet, relativiert oder sogar im Namen von „Antifaschismus“ entschuldigt. Es fehlt offenbar an politischem Willen, die Opfer aus jener Zeit systematisch zu erforschen und die Stätten des Verbrechens würdig zu bezeichnen. Nicht nur Titos Bilder hängen noch immer in manchen Büros von Staatsbeamten, noch tiefer scheint in deren Köpfen die alte Parteimentalität verwurzelt zu sein. In den Führungspositionen fehlt es an überzeugten Demokraten und kompetenten Fachleuten. Stattdessen überwiegt die ideologische Anlehnung an die längst überwundenen Vorbilder.

Kroatien konnte in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wegen spezifischer Umstände keine Lustration durchführen, was sich jetzt als Bumerang erweist. Es überrascht, dass die regierenden Parteien, die mittlerweile auch die meisten Medien beherrschen, heutzutage eine Art Kulturkampf entfacht haben. Noch vor zwei Jahren mit einem Vorschussvertrauen angetreten, um das Land aus der Krise herauszuführen und die Korruption kompromisslos zu bekämpfen, können sie inzwischen besonders in der Wirtschaftspolitik keine Erfolge verbuchen. Diese Tatsache könnte ausschlaggebend dafür sein, dass sie sich zum ideologischen Kampf entschlossen haben, um von der gegenwärtigen wirtschaftlichen Misere abzulenken.

Dennoch ist erstaunlich, wie in der Kommunikation der Regierung mit den Bürgern der so nötige Dialog einfach verweigert wird; der Ton im Umgang mit andersdenkenden gesellschaftlichen Gruppen einschließlich der Kirche wird grob und wenig tolerant. Statt eine sachliche Diskussion zu führen, geht man zur Etikettierung der Gegner über, um sie in Verruf zu bringen. So manches an Stil und Umgang im jetzigen gesellschaftlichen Disput erinnert an Methoden aus längst vergangen geglaubten Zeiten.

Die Regierung rüttelt zwar nicht an den Verträgen, die die Beziehungen zwischen Staat und Katholischer Kirche regeln und allen Glaubensgemeinschaften Freiheit in ihrem Wirkungs­bereich gewähren. Daher hat sich die Kirche in ihren Äußerungen zur aktuellen Politik anfangs eher zurückgehalten. Es dauerte nicht lange, bis die geplante Einführung der Gesundheitserziehung in die Schulen die Gemüter erregte. Sehr umstritten war nur ein Teil daraus, der sich auf das Programm der Sexualerziehung bezieht. Der Kultusminister aus der früheren Regierung von der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) hat es unterlassen, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen.

Nun sah sich jetzt sein Nachfolger aus der Partei der Sozialisten (SDP) am Zuge und wollte ohne Konsultationen mit Elternvereinen, mit der Kirche und anderen interessierten Gruppen, ein sehr liberales Model der Sexualkunde einfach durchsetzen. Dabei hat er nicht einmal gesetzlich vorgeschriebene Fristen für die fachgerechte Bewertung des Programms und für die öffentliche Diskussion beachtet. Es kam zu einem regelrechten Aufruhr in kirchlichen Kreisen und vor allem in den katholischen Elternverbänden. Man wollte sich in einer so wichtigen Sache wie der Sexualmoral der Jugendlichen ein derart arrogantes Benehmen des Ministers nicht bieten und seine ideologisch gefärbten Vorstellungen aufzwingen lassen.

In den darauffolgenden monatelang andauernden Debatten war die Öffentlichkeit erwartungsgemäß deutlich polarisiert. Unter dem Druck von entsprechenden Gruppierungen, die mit massiver Hilfe von zahlreichen Medien den Vorstoß des Ministers unterstützten und immer lauter wurden, wurden einige katholische Laienverbände in der Verteidigung der Elternrechte aktiv, vor allem der Verein „Die Stimme der Eltern für Kinder” (Grozd) und die Plattform „Vigilare“. Sie beklagten, dass unter dem Vorwand der Sexualerziehung eigentlich eine Genderideologie in den Schulen propagiert werden soll.

Währenddessen betonten Kardinal Josip Bozanić und alle anderen Bischöfe des Landes in ihren Auftritten, Predigten und Briefen immer wieder das Recht und die Pflicht der Eltern, ihre Kinder im Geiste ihrer eigenen Glaubensüberzeugung zu erziehen. Der Minister blieb unnachgiebig, vermied jedes Gespräch mit der Gegenseite, wollte in der geplanten Sexualerziehung auch keine zweite Option zur Auswahl zulassen, den Bischöfen ließ er aber ausrichten, die Kirche habe in der Schule nichts zu suchen. Die Elternverbände legten beim Verfassungsgericht eine Klage wegen Nichtbeachtung von Prozeduralfragen ein und bekamen Recht. Die Einführung der Gesundheitserziehung musste vorerst zurückgenommen werden und diese wurde dann nach einigen Verbesserungen als Schulfach eingeführt.

Aus dieser Kraftprobe mit dem Kultusminister, die viele Katholiken aufgerüttelt hat, wurde klar, dass die linke Regierung jeden Dialog nicht nur über Weltanschauungsfragen verweigert, sondern auch die Absicht hat, andere gesellschaftliche Grundwerte eigenwillig zu relativieren, ohne das Volk zu fragen. Um dies rechtzeitig zu verhindern, formierte sich die Bürgerinitiative „Im Namen der Familie“. Sie schlug vor, Unterschriften für ein Bürgervotum zu sammeln, mit dem Ziel, die Ehe als Gemeinschaft zwischen Frau und Mann in der Verfassung zu verankern. Diese Bestimmung steht schon jetzt im kroatischen Familiengesetz. Wenn sie aber in die Verfassung eingebaut wird, ist sie dann gegen launische Regierungsmehrheiten besser geschützt. Auch fünf andere EU-Staaten haben in ihren Verfassungen die Definition der Ehe als Gemeinschaft von Mann und Frau.

Die Bischöfe standen der Laieninitiative zuerst eher skeptisch gegenüber, stellten sich dann hinter deren Vorhaben und unterstützten ihre Arbeit. Sie baute ein Netz mit vielen freiwilligen Aktivisten aus verschiedenen kirchlichen Bewegungen auf. Und es gelang ihr, fast doppelt so viele Unterschriften zu sammeln als es für die Abhaltung des Ehe-Referendums nötig war. Ein derartiger Erfolg einer erst vor kurzem ins Leben gerufenen katholischen Initiative hat die Regierung unangenehm überrascht. Nur widerwillig traf sie die gesetzlichen Vorbereitungen für die Durchführung der ersten Volksbefragung in Kroatien, die aus dem Volk initiiert ist.

Im Vorfeld gab es viel Kritik von Seiten der Regierungspolitiker und der meisten Medien. Die Bischofskonferenz rief die „Gläubigen und alle Menschen guten Willens“ dazu auf, beim Referendum mit „Ja“ zu stimmen und so die Institution der Ehe und Familie zu schützen. Die Ergebnisse der am 1. Dezember 2013 abgehaltenen Volksbefragung sprechen für sich: Von 37 Prozent der Wahlberechtigten, die sich an der Entscheidung beteiligten stimmten 66 Prozent mit „Ja“ und 34 Prozent mit „Nein“.

Nach dem Ehe-Referendum sind die katholischen Gläubigen selbstbewusster geworden. Die Kirche hat ihre klare Position zur Institution der Ehe bestätigen können und gezeigt, dass sie inzwischen auch mit den Herausforderungen in der EU umgehen kann. Kroatien ist doch anders, als es das gegenwärtige politische und mediale Establishment gern hätte.

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