Die Erklärung über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen („Nostra aetate“) ist das kürzeste Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils; gleichzeitig steht sie für eine seiner bahnbrechenden Innovationen. Dass ein solcher Text auf dem Konzil erarbeitet werden würde, war im Vorfeld ganz und gar nicht abzusehen. Bis zur feierlichen Verabschiedung am 25. Oktober 1965 wurden um die Religionserklärung, in deren Mittelpunkt das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Judentum steht, diverse Schlachten geschlagen. Andreas Renz, Leiter des Fachbereichs „Dialog der Religionen“ im Erzbischöflichen Ordinariat München, zeichnet in seinem verdienstvollen Buch diese theologisch- politischen Schlachten nach. Spannend sind nicht zuletzt die Ausführungen zu den schwierigen Anfängen eines neuen katholischen Blicks auf die Religionen im Allgemeinen und das Judentum im Besonderen in den Jahrzehnten vor dem Konzil. Die theologisch- kirchlichen Pioniere auf diesem Feld werden durch biographische Skizzen vorgestellt. Renz resümiert, die Theologen, die die einzelnen Vorlagen zu den jeweiligen Religionen geliefert hätten, hätten diese „aus jahrelanger persönlicher Erfahrung, tiefer wissenschaftlicher Forschung und theologischer Reflexion“ gekannt (91).
Das Buch liefert einen Kommentar zu „Nostra aetate“ und stellt Reaktionen auf den Text aus anderen Religionen und Konfessionen vor; kirchenamtliche Äußerungen zu den Religionen seit der Weichenstellung durch das Zweite Vatikanum werden aufzählend dargestellt. Die Konzilserklärung sei auf lehramtlicher und theologischer Ebene bislang besser rezipiert als im breiten Glaubenssinn des Kirchenvolkes. Daran schließt sich die Forderung an: „Inhalt und Anliegen der Erklärung müssen noch viel stärker zum Grundbestand in der Ausund Fortbildung der kirchlichen Hauptund Ehrenamtlichen sowie der Erwachsenenbildung werden“ (209).
Den Schluss des gut zu lesenden Bandes bilden knappe Überlegungen zu den gegenwärtigen Herausforderungen für den interreligiösen Dialog und das Verhältnis der Kirche zu den einzelnen Religionen, sowie eine „kleine Tugendlehre des interreligiösen Dialogs“. Dabei kennzeichnet Renz „Nostra aetate“ zusammenfassend einerseits als prophetischen Text, andererseits als „Einstiegstext“ , der noch viele theologische Unsicherheiten und Leerstellen zeige (224).