Der emeritierte Professor für Systematische Theologie an der Goethe-Universität Frankfurt hat ein behutsames und zugleich sehr sorgfältig argumentierendes Buch in einem Themenbereich vorgelegt, in dem vorsichtig ausgedrückt eine höchst undurchsichtige Gemengelage herrscht und reichlich Hypotheken jede aktuelle theologische Auseinandersetzung belasten. Kessler sieht die Adressaten seines Buches unter den „suchenden, fragenden, zweifelnden Zeitgenossen“, denen also, für die keine der großen Antworten auf die Frage „Was kommt nach dem Tod?“ mehr selbstverständlich ist, die dieser Frage selbst aber dennoch nicht ausweichen wollen.
Als Ausgangspunkt wählt Kessler „Grunderfahrungen“, die alle Menschen machen können und vor deren Hintergrund sie fragen, ob es vernünftige Gründe dafür gibt, dass der Tod nicht das Ende der Person sei. Ausführlich setzt sich Kessler aber auch mit so genannten Nahtod- und Out-of-body-Erfahrungen auseinander. Aber auch mit solchen Extremerfahrungen, so betont er wieder und wieder, sei nichts bewiesen über ein tatsächliches Weiterleben der menschlichen Person nach ihrem biologischen Tod. Mit aller „gebotenen Vorsicht“ lasse sich aber sagen, dass ein vom irdischen Körper und Gehirn unbeschädigt ablösbares bewusstes Selbst mit Erste-Person-Perspektive „denkbar“ sei. Ohne jeden falschen apologetischen Zungenschlag setzt sich Kessler ebenso mit den verschiedenen Projektionen und „Hoffnungsentwürfe über den Tod hinaus“ auseinander, mit östlichen und antiken Wiedergeburtslehren, modernen Reinkarnationsvorstellungen.
Was Christen hofften, ergebe sich einerseits aus dem, worauf unsere allgemein- menschlichen Grunderfahrungen verweisen, andererseits aus der Erfahrung mit Gott. Die Hoffnung für die Toten ist die Konsequenz des Glaubens, dass Gott sich allen noch als Gott erweisen und universal Gerechtigkeit schaffen wird. So stellt sich Kessler schließlich auch dem schwierigen Thema der Auferstehung Jesu und der Auferstehung der Toten; nichts über Jesus werde so missverstanden, fehlinterpretiert und verfälscht wie die Auferstehung. Dennoch, den Anspruch will Kessler nicht aufgeben: Auferstehung der Toten lässt sich ohne Denkwidersprüche verstehen.
Und das Gericht Gottes? Auch hier kritisiert Kessler, man habe es sich damit oft viel zu einfach gemacht und auf Gott sehr irdische Vorstellungen übertragen. Die Antwort, die Kessler schließlich auf die Frage gibt, ob Gottes Liebe es schaffen werde, alle zu gewinnen und zu retten, ist paradigmatisch für das ganze, in weiten Teilen sehr gut und leicht zu lesende Buch: „Das weiß ich nicht, ich hoffe es“ (244).