Im Alter von über 93 Jahren verstarb am 21. Juni in London Roland Hill, der älteste unter den Ständigen Mitarbeitern der Herder Korrespondenz. Sein letzter Artikel in unserer Zeitschrift erschien im Märzheft 2012 und befasste sich mit dem 60-jährigen Kronjubiläum der englischen Königin Elizabeth II. Ihr war Roland Hill während seiner langen journalistischen Tätigkeit in England verschiedentlich begegnet. Die bewegten ersten Jahrzehnte seines Lebens hat der am 2. Dezember 1920 als Roland Hess in Hamburg geborene Hill in seiner Autobiographie beschrieben (Eine Zeit aus den Fugen. Erinnerungen eines deutsch-englischen Europäers, Verlag Herder, Freiburg 2009).
Er wuchs als einziges Kind einer protestantischen Familie mit jüdischen Wurzeln in Hamburg auf, lebte nach dem Machtantritt Hitlers ab 1933 erst in Prag und dann in Wien, wo er 1937 unter dem Einfluss der Pfadfinderbewegung zur katholischen Kirche konvertierte. Nach dem „Anschluss“ Österreichs kam er über Mailand nach London und wurde Soldat der Britischen Armee. Als solcher nahm er an der Invasion der alliierten Truppen im Juni 1944 in der Normandie teil und war nach Kriegsende in der britischen Besatzungszone als Presseoffizier mit der Neugründung deutscher Zeitungen befasst. Roland Hill arbeitete nach seiner Rückkehr nach England für die renommierte katholische Wochenzeitschrift „The Tablet“, wurde 1957 Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in London und war später für andere deutsche Blätter tätig.
Für die Herder Korrespondenz hat er als Ständiger Mitarbeiter seit den siebziger Jahren zahlreiche Artikel verfasst, sei es über Entwicklungen innerhalb der katholischen Minderheit in Großbritannien, sei es über Turbulenzen innerhalb der anglikanischen „Church of England“ und über ihre leitenden Figuren, sei es über das Irlandproblem. Bis ins hohe Alter war er ein anregender, kenntnisreicher, mit Witz und Ironie begabter Gesprächspartner mit einem ausgeprägten Verständnis für britische „spleens“. Sein 2000 auf Englisch und 2002 auf Deutsch erschienenes großes Werk über den Gelehrten und Historiker Lord Acton (1834–1902) ist eine respektable Leistung (Lord Acton. Ein Vorkämpfer für religiöse und politische Freiheit im 19. Jahrhundert, Verlag Herder, Freiburg 2002).