Im neuen urbanen Zentrum „Europaplatz – Begegnen und Bewegen“ im Westen der Bundeshauptstadt Bern wurde im Dezember vergangenen Jahres neben Wohnungen, Büro-, Einkaufs- und Gastronomieflächen mit dem „Haus der Religionen – Dialog der Kulturen“ ein weltweit einzigartiger Ort des Gesprächs und der Begegnung zwischen verschiedenen religiösen Gemeinschaften eröffnet. Muslime, Aleviten, Christen, Hindus und Buddhisten haben im Haus der Religionen unter einem gemeinsamen Dach je einen Sakralraum eingerichtet. Tür an Tür werden sie künftig beten und feiern, einander sehen und hören, einander begegnen und sich austauschen. Im christlichen Raum werden die Herrnhuter Brüdergemeine und die äthiopisch-orthodoxe Tewahedo Kirche Bern regelmässig Gottesdienste feiern. Die ebenfalls am Projekt beteiligten Sikhs, Baha’i und Juden engagieren sich inhaltlich. Allen gemeinsam ist der grosszügige Raum für die Plattform „Dialog der Kulturen“.
Die Vorgeschichte des Hauses der Religionen begann mit dem Vorschlag in einer Studie des Stadtplanungsamtes, den Stadtteil West mit einem neuen und in der Schweiz einzigartigen Haus der Kulturen und Religionen aufzuwerten. In der gleichen Zeit prüfte die Herrnhuter Brüdergemeine den Ansatz für eine neue Arbeit in der Region Bern, die sich Minderheitengruppen und dem interreligiösen Dialog widmen soll. Christian Jaquet, der Verfasser der Studie, und Hartmut Haas vom Herrnhuter Projekt stellten Ende 2000 dem Runden Tisch der Religionen die Vision eines Hauses der Religionen und Kulturen vor. Die Arbeit der Projektgruppe führte zwei Jahre später zur Gründung des Vereins „Haus der Religionen – Dialog der Kulturen“.
Die zwölf Jahre von der Vereinsgründung bis zur Eröffnung des Hauses am Europaplatz waren ein steter und oft auch steiniger Weg. Die Ansprüche des Projektes führten den Verein an seine Grenzen, zumal die sichere Finanzierung erhebliche Sorgen bereitete. Dennoch wurde an wechselnden Standorten ein umfangreiches Programm mit Ausstellungen, Seminaren und Veranstaltungen durchgeführt. Nachdem die Finanzierung 2011 im Wesentlichen gesichert war und der Verein auf ein erstes Jahrzehnt seiner Tätigkeit zurückblicken konnte, fand Mitte 2012 der Spatenstich statt. Die Kosten für das Haus betragen 10 Millionen Franken. Finanziert wird es durch den Kanton Bern aus dem Lotteriefonds, der 2,2 Millionen Franken beisteuert, die Stadt, die Bürgergemeinde Bern und vor allem durch Spenden von Stiftungen und Privaten.
Fester Bestandteil dieses Alltags im Haus der Religionen ist ein eigenständiger Bereich der Begegnung, des kulturellen Austauschs und der Bildung. Dazu gehören Angebote der beteiligten Religionsgemeinschaften wie das Kulturprogramm des Hauses. Das Anfangsthema des Hausprogramms ist „Anfang“: die Anfänge der Welt in Astrophysik, Schöpfungstheologie und Mythen aus verschiedenen Kulturen. „(Neu-)Anfänge“ inspirieren auch das Filmprogramm – von Kosmologie bis hin zu biographischen Neuanfängen und politischen Aufbrüchen. Mit Kultur am Mittag lädt das Haus regelmäßig um „12nach12“ zu einer Pause für Körper und Seele ins Haus der Religionen ein, sei es mit Qi Gong, Yoga oder einem interreligiösen musikalischen Programm.