AuftaktMunteres Bischofskarussell?

Die Ernennung von Heiner Koch zum Erzbischof von Berlin ist ein Einschnitt.

Kritik an Bischofsernennungen durch andere Bischöfe ist eine vergleichsweise neue Erscheinung. Bereits vor Jahresfrist hatte sich der Magdeburger Bischof Gerhard Feige beklagt und für die Zukunft mehr Sensibilität angemahnt: Der Transfer von Kardinal Rainer Maria Woelki nach Köln sei kein Zeichen der Wertschätzung für die Katholiken in den östlichen Bundesländern.

So konnte nicht überraschen, dass jetzt auch nach der Bekanntgabe des neuen Erzbischofs von Berlin nicht nur Zustimmung zur Person, sondern auch Kritik am Vorgehen laut wurde. Dass mit Heiner Koch abermals ein ostdeutsches Bistum seinen Bischof abgeben muss, stieß nicht nur in Dresden, wo sich Koch rasch viele Sympathien erworben hatte (vgl. dieses Heft, 336), auf Unverständnis – nachdem zuletzt außerdem für Unmut gesorgt hatte, dass Erfurt zwei Jahre auf einen Nachfolger für Joachim Wanke warten musste. Katholiken in den östlichen Bistümern hätten nicht nur Bischöfe verdient, die dort ihr Praktikum machen, bevor sie dann an anderer Stelle eingesetzt werden, kritisierte Feige jetzt. Das Bischofskarussell müsse zum Stillstand kommen.

Tatsächlich fragt man sich, ob die sehr drastisch formulierte Vorgabe von Papst Franziskus, Bischöfe müssten den „Geruch ihrer Schafe“ haben, damit vereinbar ist, dass sie wie höhere Beamte versetzt werden, um auf Bischofsstühlen Karriere machen. Die entscheidende Frage ist in diesem Zusammenhang natürlich, inwieweit in der Bischofskongregation die Maximen des neuen Pontifikats bereits verinnerlicht worden sind. Immerhin konnte man sich im deutschsprachigen Raum zuletzt kaum über die inhaltliche Profilierung neuer Bischöfe beklagen.

In jedem Fall bedeutet die Ernennung von Koch zum Erzbischof von Berlin in anderer Hinsicht einen Einschnitt bei der Neubesetzung deutscher Bistümer. Ob er umgehend Kardinal wird, wie das vor dem Pontifikat Franziskus ausgemacht schien, ist angesichts der jüngsten Konsistorien fraglich. Aber mit Woelki in Köln, dem ebenfalls gelegentlich für Berlin gehandelten Kardinal Reinhard Marx, immerhin Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und jetzt Koch sind die traditionell wichtigsten Erzbistümer mit relativ jungen Amtsinhabern versehen, Hamburg und Freiburg wurden bekanntlich ebenfalls frisch besetzt – und auch in Bamberg und Paderborn ist auf absehbare Zeit kein Handlungsbedarf.

Das heißt auf der anderen Seite nicht, dass die gelegentlich geäußerten Nachwuchssorgen mit Blick auf den deutschen Episkopat hinfällig wären. Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff feiert bald seinen 75. Geburtstag; der Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, wird im kommenden Jahr 80 Jahre alt; und das Bistum Limburg ist derzeit ein Sonderfall, muss aber auch irgendwann wieder besetzt werden. Und bereits in zwei Jahren werden die nächsten Bischöfe die Altersgrenze erreichen. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Bischöfe bereits in einem Alter ins Amt kommen, in dem im gewöhnlichen Arbeitsleben bereits der Ruhestand näher rückt, heißt es in der katholischen Kirche weiterhin: nach dem Generationenwechsel ist vor dem Generationenwechsel.

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