Diese theologische Erkenntnislehre des Kölner Systematikers Hans-Joachim Höhn hat es durchaus in sich, geht sie doch ihr Thema auf hohem theoretischem Niveau an. Das macht die Lektüre ausgesprochen anstrengend. Aber die Fragen, die das Buch behandelt, haben mit dem Geschäft jedes Theologen zu tun und sind es daher wert, dass man sich ihnen mit dem entsprechenden Ernst stellt.
Es geht um den Glauben als eigenständigen Vollzug, um seine Bezeugungsinstanzen (Schrift, Tradition, Lehramt), um das Verhältnis von Glauben und Vernunft sowie um eine Theologie, die sich auf den „sensual turn“ als Signatur der Gegenwart einlässt und der „Ästhetik des Glaubens“ Rechnung trägt. Höhn formuliert als sein Grundanliegen, eine theologische Erkenntnislehre müsse verdeutlichen, „dass hinter dem Glauben eine eigene Praxis, eine eigene Technik des Zeigens und Sehenlassens steht, für die sich auch die Vernunft orientieren kann“ (17). Auf diesem Hintergrund rekonstruiert er zum einen auf originelle Weise die Größen Schrift, Tradition und Lehramt, die für ihn nur insoweit normativ für die Weitergabe des Glaubens sind, „als sie selbst der Koinzidenz von Vollzug und Gehalt unbedingter Zuwendung gerecht werden bzw. in deren Dienst stehen“ (78). Zum anderen arbeitet er überzeugend heraus, dass Glaube und Vernunft weder vermischt noch voneinander getrennt werden dürfen, sondern produktiv aufeinander verwiesen sind.
Mit den abschließenden Überlegungen zur „Theologie – mit allen Sinnen“ betritt Höhn weithin Neuland. Die Theologie, so der Ausgangspunkt, müsse der „Sinnlichkeit“ religiöser Nachfrage gerecht werden können. Offensichtlich seien hierfür weder die Form des dogmatischen Diskurses noch der Ansatz des ethischen Plädoyers geeignet. Gleichzeitig betont er allerdings, es brauche notwendigerweise das „Zusammenspiel von Ästhetik und kritischer Rationalität“ (282). Das anspruchsvolle, aber gleichzeitig anregende Buch endet mit einem Epilog über „Gute Theologie – eine Stilfrage?“. Hier wird durchaus selbstkritisch eingestanden, das Anforderungsprofil eines „theologischen Stilbildners“ sei ungleich leichter zu erstellen als zu erfüllen. Das dürfte vermutlich stimmen – man sollte von Theologen nicht zu viel verlangen!
Hans-Joachim Höhn: Praxis des Evangeliums. Partituren des Glaubens. Wege theologischer Erkenntnis. Echter Verlag, Würzburg 2015. 319 S. 19,90 € (D)