Islamisten, Salafisten und fundamentalistische Muslime leben nicht in fernen Ländern und Krisengebieten, sie leben und wachsen in Deutschland auf, so die Aussage des Psychologen Ahmad Mansour in seinem Buch „Generation Allah“. Der arabische Israeli, der sich als Jugendlicher selbst fundamentalistischen Kreisen angenähert hatte, berichtet darin von seinen Erfahrungen in der Sozial- und Präventionsarbeit. Mansour, der deutschlandweit in Schulen, Bildungs- und Jugendzentren unterwegs ist, schätzt, dass allein aus Deutschland zwischen 1500 und 1800 Jugendliche aus religiös-radikalen Überzeugungen in den Dschihad gezogen sind – Tendenz steigend.
Der Autor beschreibt eingehend das Kernproblem: Viele Jugendliche fühlten sich in der komplexer werdenden Gesellschaft allein gelassen. Gerade Heranwachsende suchten in einer unübersichtlich werdenden Welt nach festen Werten. „Die Religion wird in Phasen der Verunsicherung zu einer Größe, die Sicherheit verheißt und Orientierung schenkt“, schreibt Mansour. Wenn ein junger Mensch dann aus instabilen familiären Verhältnissen kommt und wenig Zukunftsperspektiven hat, könne er anfällig werden für die manipulierende Werbung der Salafisten oder anderer extremer Strömungen des Islam. Die Salafisten seien die besseren Sozialarbeiter, da sie auf die Lebensrealität der Jugendlichen zugehen, sie dort abholen, wo sie stehen. Die Zugehörigkeit zu einer Gruppe könne zusätzlich Stärke und Macht versprechen.
Mansour plädiert dafür, die Jugendlichen durch pädagogische Präventionsarbeit ernst zu nehmen. Dies lasse sich nur in einem langfristigen, gesamtgesellschaftlichen Konzept verwirklichen. Aber auch die islamische Theologie sei gefragt, sich über die Koranauslegung für die Religionsgemeinschaft so zu positionieren, dass die islamischen Lehren mit den demokratisch-westlichen Werten vereinbar sind.
Mit seinen Einblicken vermag es der Autor auf ein Problem aufmerksam zu machen, dass bisher noch wenig Berücksichtigung in Deutschland findet. Erfahrungsnah und anschaulich skizziert er eine Gesellschaft, die mehr Aufmerksamkeit auf die kommenden Generationen legen und in einen ernst zu nehmenden Dialog über gemeinsame Werte in einer pluraler werdenden Welt treten sollte. Ein konkretes Konzept dafür legt Mansour allerdings nicht vor.