Porträt"Kevin Joseph Farrell: Bischof im ""Zeitalter des Laien"""

Franziskus hat den Bischof von Dallas, Kevin Joseph Farrell, zum Leiter des neuen Laien-Dikasteriums ernannt. Leicht einordnen lässt er sich nicht.

Kevin Joseph Farrell
© KNA-Bild

An Bischof Kevin Joseph Farrell scheiden sich die Geister. Für die einen hat Papst Franziskus mit Farrell einen „Konservativen“ zum Chef der neuen Vatikan-Behörde für „Laien, die Familie und das Leben“ ernannt, der für den Lebensschutz öffentlich eintritt und in seiner Diözese Dallas nach dem Motu Proprio „Summorum pontificum“ von Benedikt XVI. die Petrusbruderschaft ansiedelte und wohl auch die traditionelle Liturgie schätzt. Für die anderen ist Farrell ein moderater Bischof, der beispielsweise beim Streit um das Profil der katholischen Universität von Dallas, die als konservativ gilt, vor „Dogmatismus und Engführungen“ warnte, sich für soziale Gerechtigkeit engagiert und vor kurzem folgenden Satz twitterte: „Wer Papst Franziskus verwirrend findet, hat das Evangelium Christi entweder nicht gelesen oder nicht verstanden“. Letzteres gilt wohl der in den USA in letzter Zeit immer wieder aufkommenden Kritik am römischen Pontifex. US-Zeitungen sehen Farell ganz auf einer Linie mit dem Papst, was sich beispielsweise in seiner Haltung zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zeige. Farrell sprach sich nach der Legalisierung der sogenannten „Homo-Ehe“ durch den US-Supreme-Court deutlich dagegen, aber auch für Respekt gegenüber Homosexuellen aus. Sein Wahlspruch ist aus dem Korintherbrief entnommen: „State in fide“ („Steht fest im Glauben“). Er deutet schon an, dass Farrell Standpunkte bezieht und sich nicht vor öffentlichen Auseinandersetzungen scheut. Online ist er gleich auf mehreren Kanälen präsent und verbreitet regelmäßig Texte und Videos. Häufig finden sich darunter Aufrufe zum Gebet, auch auf aktuelle politische Ereignisse reagiert er schnell. Sein Twitter-Account ist dabei vermutlich sein erfolgreichster Kanal, fast 11 000 Menschen folgen Farrell, über 3800 Tweets hat er schon abgesetzt, nach seinem Ruf in den Vatikan bat er auf Twitter um das Gebet. Dass Farell sich in den USA mit seiner nahbaren und offenen Art beliebt gemacht hat, zeigen die öffentlichen Reaktionen auf seine Berufung nach Rom. Er sei ein Bischof, der „den Geruch der Schafe“ angenommen habe, und sehr darauf bedacht, die Laien in die Verantwortung zu nehmen. Als Bischof in Dallas habe er während des Missbrauchsskandals außerdem ein gutes Krisenmanagement bewiesen, ein cleanup guy sei Farrell - und ein Seelsorger, der sich besonders den mexikanischen Migranten zuwandte. Neben seiner Muttersprache Englisch spricht Farrell fließend Spanisch und Italienisch, fast zehn Jahre hat er in Rom Philosophie und Theologie studiert. Vieles spricht dafür, dass er gern nach Rom zurückkehrt. Sein Bruder arbeitet als Sekretär im Rat für die Einheit der Christen. Der Anruf habe ihn dennoch überrascht, sagte er gegenüber Radio Vatikan: „Ich habe mich immer für ganz einfach einen Bischof eines Bistums gehalten, der den Menschen hier dient“. Jetzt wird er der hochrangigste US-Bischof im Kirchenstaat sein.

Seine neue Aufgabe beschreibt er in einem Interview mit der Nachrichtenagentur „Zenit“ im Kern als Einsatz für „Amoris Laetitia“. Die nachsynodale Enzyklika lobt Farrell an mehreren Stellen. Die Notwendigkeit, auf Familie und Ehe einzugehen, sei heute sehr groß. Außerdem ist für den US-Bischof die Frage nach dem Platz der Laien zentral, für ihn ist gar das „Zeitalter des Laien“ angebrochen. Alle beratenden Gremien der Kirche sollten auch Laien enthalten, in Dallas habe er damit bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Spannend wird hier sein, ob in seinem neuen Dikasterium nicht nur die Posten der Untersekretäre (wie vorgeschrieben), sondern auch der Posten des Sekretärs (wie erstmals überhaupt möglich) von einem Laien besetzt werden wird (vgl. HK, Juli 2016, 7). Auf die Arbeit der neuen Behörde kann kann man also gespannt sein. Eines kann man jedoch schon sagen: seiner zunächst von einigen deutschsprachigen Medien zugeschriebenen Rolle als konservativer „Legionär Christi“ wird Farrell sicher nicht gerecht. Bereits in den frühen Achtzigerjahren war er ausgetreten.

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