Die Krisensymptome volkskirchlichen Christentums in Westeuropa sind unübersehbar. Christian Hennecke, Leiter der Hauptabteilung Pastoral im Generalvikariat Hildesheim, gehört zu den umtriebigsten Akteuren, die sich damit schonungslos auseinandersetzen, gleichzeitig aber auch nicht Trübsal blasen, sondern mit einem gewissen Optimismus neue Wege aufzeigen wollen. Entscheidend ist für ihn dabei zu sehen, was es an vielfältigem Engagement und Begeisterung für die Sache weiterhin gibt, als sich auf die Defizite zu konzentrieren und von ihnen zu sehr beeindrucken zu lassen.
Hennecke stellt in dem Buch von Mexiko über die Philippinen bis nach Hamm in Westfalen eine ganze Reihe höchst unterschiedlicher Ansätze anderer Ortskirchen als Beispiele „lokaler Kirchenentwicklung" vor, die ihm verheißungsvoll erscheinen. Nachdem weltkirchliches Engagement im deutschen Katholizismus immer schon groß geschrieben wurde, komme es jetzt auf weltkirchliches Lernen an. Pfarrei neu verstehen, ist dabei das Ziel, eine Neuzuordnung von Priestern, Hauptamtlichen und ehrenamtlich engagierten Laien die Konsequenz. Sein Credo: Strukturmaßnahmen haben deshalb eine „tiefe Ambivalenz", weil sie den Eindruck vermitteln, „es könnte im Grunde einfach so weitergehen wie es doch schon immer war – eben mit reduzierten Mitteln". Ein neuer Aufbruch müsse jedoch mehr sein, als eine „Rückkehr zu gewohnten Verhältnissen oder eine anpassende Weiterentwicklung". Das gelte selbst für die Rezeption des oft gelobten Modells von Poitiers.
Nichts weniger als eine Revolution sei das, im Untertitel ist provokant von der „nächsten Reformation" die Rede. Hennecke ist freilich davon überzeugt, dass es letztlich die Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils (Stichwort etwa: allgemeines Priestertum) sind, die immer noch nicht umgesetzt wurden. Als Frage bleibt natürlich, ob die Lebendigkeit christlichen Engagements angesichts der religionssoziologischen Entwicklungen in dem Umfang zur Verfügung steht, wie Hennecke das voraussetzt. Für eine Kirche im alten Stil eher nicht, für die Zukunft des Christentums in unseren Breiten auf einem niedrigeren Niveau: wahrscheinlich schon. Höchst anregend ist das Buch deshalb.