BuchbesprechungFlorian Bock: Der Fall Publik. Katholische Presse in der Bundesrepublik Deutschland um 1968

Wer beruflich das Verhältnis der katholischen Kirche in Deutschland zu ihren Medien über Jahrzehnte hinweg verfolgt, wird mit besonderem Interesse zu diesem Buch greifen. Aber es ist auch für jeden lehrreich, der sich generell für die neuere deutsche Kirchen- und Mediengeschichte interessiert. Die inzwischen längst legendäre katholische Wochenzeitung „Publik“ erschien 1968 bis 1971, in der „heißen“ Phase der unmittelbaren Nachkonzilszeit, als es im deutschen Katholizismus an vielen Stellen gärte und gleichzeitig das katholische Milieu noch in beträchtlichen Teilen intakt war. Ihre Einstellung nach nur wenigen Jahren machte seinerzeit Schlagzeilen.

Florian Bock rekonstruiert die kurze Geschichte von „Publik“, einschließlich der Planungsphase und der Nachgeschichte, souverän unter Verwendung des bislang nicht ausgewerteten ungedruckten Quellenmaterials, wobei er die Quellen selber in instruktiven Zitaten zu Wort kommen lässt. Das Buch liest sich geradezu spannend (vom kurzen theoretischen Vorspann abgesehen); die Liste der im Zusammenhang mit „Publik“ handelnden Personen ergibt so etwas wie ein Who is Who des bundesdeutschen Katholizismus der Nachkonzils- und Synodenzeit.

Das Fazit der sorgfältig abwägenden, simple Schuldzuweisungen vermeidenden Untersuchung hat vieles für sich: Das Projekt „Publik“ scheiterte zum einen, weil es teilweise unsolide geplant wurde und das Grundkonzept unausgereift war. Es scheiterte aber vor allem daran, dass „Publik“ mit seinen publizistischen und kirchenpolitischen Optionen nicht hinreichend Zugang zum katholischen Mainstream fand. Überdies war der Episkopat letztlich nicht dazu bereit, einer von ihm (durch ein Treuhänderkollegium) herausgegebenen und finanzierten Wochenzeitung den unerlässlichen Freiraum zu gewähren. Bock formuliert es an einer Stelle so: Viele katholische Leser, die in kirchlichen Fragen nach wie vor in Kategorien fragloser Loyalität gedacht hätten, hätten ein dialogisches Programm wie das von „Publik“ ebenso wie viele deutsche Bischöfe als „zu fremdartig“ (496) empfunden.

Heute ist das loyale katholische Kernmilieu in Deutschland bis auf Restbestände abgeschmolzen, dementsprechend kränkeln auch die meisten kircheneigenen beziehungsweise kirchennahen Medien. Die deutschen Bischöfe haben nach wie vor in Medienfragen keine besonders glückliche Hand und tun sich schwer mit einem realistischen und intelligenten Medienkonzept. Das müsste dazu einladen, sich produktiv an die Irrungen und Wirrungen im Zusammenhang mit „Publik“ zu erinnern.

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