Seit über 20 Jahren arbeitet der Kölner Theologe Alex Stock an seiner „Poetischen Dogmatik“ (vgl. HK, März 2002, 141-146). Nach den vier Bänden zur Christologie, drei Bänden zur Gotteslehre und zwei Bänden zur Schöpfungslehre ist nun der erste Band zur Ekklesiologie erschienen. Die Poetische Dogmatik ist „Theologie, gewonnen aus den poetischen Quellen des Christentums – Liturgie, Dichtung, Kunst, Gesänge, Gebete, Geschichten, Gedichte und Bilder“. Auch die oft verschmähte sogenannte Volksfrömmigkeit gehört zu den Quellen der Stockschen Theologie. Wo die Dogmatik in ermüdenden Lagerkämpfen und kaum noch nachvollziehbaren Schulstreitigkeiten gefangen ist, bringt Stock die Theologie souverän mit den benachbarten Geisteswissenschaften ins Gespräch.
Seine Überlegungen bewegen sich stets von den konkreten Ausdrucksformen des Glaubens hin zu seinen allgemeinen Inhalten. So liegt es nahe, dass er für seine Auseinandersetzung mit der Ekklesiologie beim Kirchengebäude ansetzt.
Stock benennt Schwerpunktverschiebungen im Verständnis des Kirchenraums, er nimmt Neu- und Uminterpretationen wahr, wie sie sich etwa in der Reform der Weiheliturgie im 20. Jahrhundert zeigen. Anders als die gängige Liturgiegeschichtsschreibung schildert Stock die Entwicklung nicht einfach nach dem Paradigma von Verfall und Wiederherstellungen. Die Ausdrucksformen der Vergangenheit erscheinen in dieser Perspektive oftmals als defizitär, am Rande des Aberglaubens stehend, halbheidnisch und unaufgeklärt, jedenfalls dringend durch Adaptionen auf den neuesten Stand zu bringen. Stock hingegen benennt auch Verluste, Aporien und Instabilitäten der Reformergebnisse und der Theorien, die sie legitimieren. Die Alternative ist für ihn nicht das Zurück zu Vergangenem, sondern eine neue Vielstimmigkeit und Sensibilität. Dabei betreibt Stock keine literarische und ästhetische „Steinbruchexegese“, die mit Versatzstücken aus künstlerischen Äußerungen neue Evidenzen erzeugen will, wo alte Plausibilitäten verloren gegangen sind.
Wer sich in Zukunft theologisch mit dem Kirchenraum beschäftigen will und auch wer vor der Aufgabe steht, Kirchenräume neu- und umzugestalten, wird an Alex Stocks erstem Ekklesiologie-Band nicht vorbeikommen.