„Wenn der Sicherheitsrat seiner Verantwortung nicht gerecht werde, werde Syrien ‚vor unseren Augen‘ auseinanderbrechen“, so zitiert der Autor Volker Perthes den UN-Diplomaten Lakhdar Brahimi. In seinem Essay „Das Ende des Nahen Ostens, wie wir ihn kennen“ beschreibt Perthes, dass der Zerfall der politischen Struktur schon vor Jahren vorauszusehen war. 2011 sei noch das Jahr gewesen, in welchem der Nahe Osten als „Region im Aufbruch“ wahrgenommen wurde. Der „arabische Frühling“ galt als Hoffnungsträger für Reformen und eine Annäherung an Europa. „Fast überall stand die Forderung nach Gerechtigkeit und Würde im Vordergrund“, so Perthes. Spätestens mit der großen Flüchtlingsbewegung sei mittlerweile deutlich, dass sich ein Flächenbrand im Nahen Osten ausbreitet, der die bisherige politische Ordnung des Nahen Ostens zerfallen lässt. Das alte Ordnungssystem der Staaten (Sykes-Picot-System) von 1916 mit seinen Grenzen und seinen politisch-territorialen Machtverhältnissen sei damit nicht mehr zu halten. Ebenso sei ein Rückfall in autoritäre Herrschaftsmuster und der Aufstieg neuer Akteure und Gruppierungen, wie des „Islamischen Staates“ damit verbunden. Perthes beschreibt die verwickelten Zusammenhänge von Außen-, Innen-, und Tagespolitik sowie soziokulturelle und geopolitische Entwicklungen in den Ländern des Nahen Ostens. Die Versuche der Staaten, ihren autoritären Herrschaftsanspruch wieder durchzusetzen, würden laut Perthes dabei oft unter der konfessionell-kulturellen Fahne geführt: „Insofern erleben die Menschen in der Region ideologische Auseinandersetzungen (…) hauptsächlich als Kampf um die ‚richtige‘ Form des politischen Islam.“ Perthes spricht in diesem Zusammenhang von einer „Essenzialisierung konfessioneller Unterschiede“.
Der Autor beschreibt nicht nur, wie es in den einzelnen Ländern und damit in der Gesamtregion des Nahen Ostens zu den politischen Veränderungen gekommen ist und wie die aktuelle Lage aussieht. Darüber hinaus entwirft er im letzten Kapitel seines Essays auch einige mögliche Zukunftsszenarien. Wirkliche politische Handlungsstrategien bietet er damit jedoch nicht an. Er verfolgt damit viel eher die Strategie, durch „unterschiedliche Zukunftsentwürfe dazu anzuregen, über politische Interessen und Handlungsoptionen nachzudenken“.