„Fragen“ und „Staunen“ angesichts der Welt gelten gemeinhin als Wege ins Philosophieren. Der niederländische Philosoph und Schriftsteller Coen Simon verweist auf einen weiteren Weg, der in die Philosophie führt: die Sehnsucht. In seinem Buch „Warten macht glücklich“, das vom Titel zunächst wie ein Ratgeber erscheinen mag, verbindet der Autor persönliche Alltagsgeschichten mit dem philosophischen Nachdenken über die Sehnsucht im Menschen.
In zwölf Essays geht er dabei der Frage nach, woher dieses Sehnen kommt, wie es erfahrbar wird und worauf es hinzielt. „Ohne dass uns nach etwas verlangt, können wir nichts zu schätzen wissen. Wir leben in einer Welt des Verlangenmüssens“, so beschreibt Simon die anthropologische Grundkonstante der Sehnsucht im Menschen. „Die Welt verdankt ihre Anwesenheit unserem Willen, und unser Wille wird sichtbar durch die Welt“, schreibt der Autor in Auseinandersetzung mit Arthur Schopenhauer. Simon beschränkt sich nicht auf theoretische Konstrukte und philosophisch-metaphysische Ideen, sondern führt erzählerisch von seinen eigenen Erlebnissen her in eine Philosophie der Sehnsucht hinein. Dafür findet er einige neue Zugänge. So nimmt er die Grunderfahrung des Heimwehs zum Anlass, um über die Beschaffenheit des Seins zu spekulieren: Die Sehnsucht nach dem Zuhause offenbare eine unfehlbare Ahnung „für das Wesen unseres Seins“. Diese sei vermutlich sogar die Bedingung dafür, „dass der Mensch sich in seinem Sein verwurzelt fühlt, das sich der eindeutigen Identifikation fortwährend entzieht“. Auch die Beziehung zu den eigenen Erinnerungen habe diesen Sehnsuchtsaspekt. Das aus dem Griechischen stammende Wort „Nostalgie“ sei genau dieser „süße Schmerz“ über den Verlust der Vergangenheit und das Sehnen zurück zu ihr. Simons Pointe: Der Mensch sehnt sich sowohl in die Richtung der Zukunft als auch der Vergangenheit.
Mit seinen zwölf Essays führt der niederländische Philosoph auf diese Weise an die Erkenntnis heran: Wenn die Sehnsucht zum Menschen gehört, ist der Wesensvollzug des Menschen das Warten. Und Warten macht glücklich.