An Luther-Büchern mangelt es derzeit nicht. Eine originelle Perspektive auf die Person Martin Luthers, damit aber vor allem auch auf die Reformationsgeschichte, hat die katholische Kirchengeschichtlerin Daniela Blum eingenommen. Sie präsentiert ihn im Spiegel der katholischen Theologie: vor seiner Zeit, während der Ereignisse rund um 1517 und den sich vertiefenden Rissen zwischen Anhängern und Gegnern und bis heute nach dem Ende schlichter gegenseitiger Ablehnung. Dass Luther als Ordensmann fraglos katholisch war und seine Kirche reformieren und nicht eine neue gründen wollte, ist bekannt. Durch diesen spezifischen Ansatz, der die wichtigsten Knotenpunkte der jeweiligen Wege genauer unter die Lupe nimmt, wird manches leichter verständlich.
Das gilt für seine Beziehung zu Johann von Staupitz, dem ihn prägenden Augustinereremiten, und Johannes Tauler wie den Zisterzienser Bernhard von Clairvaux, aber selbst für die bisher eher weniger bekannten Traditionslinien von Thomas von Aquin, der wie Tauler Dominikaner war, zu Luther. Beide haben eine parallele Entwicklung durchgemacht: ausgehend vom partnerschaftlichen Engagement von Gott und Mensch endeten beide „bei der streng augustinischen Lehre und der Passivität des Menschen“. Weil allerdings der Thomismus und die Papstkirche zu „bedrohendem Gestrüpp“ zusammengewachsen seien, waren diese Parallelen verdeckt.
Stattdessen orientierte er sich bekanntermaßen mehr an Augustinus, stellte von daher die theologischen Hintergrundannahmen des Ablasswesens als „Spitze eines Eisbergs kirchlichen und scholastischen Denkens“ infrage, woraus sich dann im Folgenden vor allem aber ein Autoritätenkonflikt entwickelte. Darum geht es dann in den Kapiteln von Johannes Tetzel bis zu Johannes Eck. Gerade das machtpolitische Streben der Fürsten, der Städte, der Kurie und der Päpste verhinderte die religiöse Einheit; das Trienter Konzil kam schließlich viel zu spät. Interessant schließlich auch die „Wiederentdeckung“ der katholischen Seiten Luthers durch katholische Theologen bis hin zum ehemaligen Dominikaner Otto Hermann Pesch. Das Fazit: Luther habe den gesamten christlichen Lebenszusammenhang von allem zu reinigen versucht, was nicht mit der Beziehung des Menschen zu Gott zu tun hatte. Ein Ansatz, Luther von den Beziehungen zu anderen Menschen her zu verstehen, ist da nur konsequent.