Sie sind nur der kleinere Teil der Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren verstärkt zu uns gekommen sind. Umgekehrt ist zu befürchten, dass mit den Christen, die Syrien und den Irak derzeit verlassen, die christliche Präsenz in der Region faktisch nahezu gänzlich verschwindet. Andreas Knapp, Arbeiterpriester und Lyriker, der in Leipzig unter anderem Flüchtlinge betreut, hat sich auf die Spurensuche in der Heimat seiner Schützlinge gemacht. Herausgekommen ist dabei ein packend zu lesender Reisebericht mit immer wieder eingestreuten Hintergrundinformationen.
Natürlich ist Knapp dabei Partei, nachdem er den teils schrecklichen Geschehnissen sehr nahe gekommen ist. Es gebe eine „Autorität der Opfer“, so Knapp, die nicht wegzudiskutieren sei. Deutlich wird auf diese Weise, warum die Menschen fliehen – und dass sie nach menschlichem Ermessen auf absehbare Zeit auch keine Chance haben werden zurückzukehren. Denn konkreter Auslöser der gegenwärtigen Konflikte mag der sogenannte Islamische Staat sein, der Christen wie Muslime aus ihrer Heimat vertreibt. Langfristig mindestens so beunruhigend ist, dass dadurch oft genug auch gutnachbarschaftliche Beziehungen zwischen den Religionen gestört worden sind. Es ist auch unabhängig vom islamistischen Terror schwieriger geworden, als Christ in der Region zu leben. Leicht ist es ohnehin nie gewiesen, wie die Beispiele der armenischen Christen zeigen, die bereits vor mehr als hundert Jahren vertrieben wurden.
Anschaulich wird durch die Schilderungen auch, wie schwierig es jetzt in der neuen Heimat ist, wenn die orientalischen Christen auf geflüchtete Muslime treffen. Aber auch Knapp lässt keinen Zweifel daran, dass Christentum und Islam „den Dialog pflegen und im Schulterschluss für die freie Religionsausübung kämpfen“ müssen, wenn das „ihnen gemeinsam aufgetragene Gotteszeugnis“ nicht verdunkelt werden soll. Die Herausforderung, die das für die Zukunft bedeutet, sowohl hier in Deutschland als auch erst recht im Nahen Osten, wird durch die konkreten Lebensschicksale umso plastischer.