PorträtMoon Jae-In: Ein Katholik ist Südkoreas neuer Präsident

Der 64-jährige Jurist kämpft für die Menschenrechte und will die Kontakte nach Pjöngjang vertiefen. Beim G20-Gipfel in Hamburg tritt er erstmals in Deutschland auf.

Südkorea hat ein neues Staatsoberhaupt – und es ist ein Katholik. Im März wurde die Vorgängerin Park Geun-Hye wegen Bestechlichkeit ihres Amtes enthoben und inhaftiert. Die daraufhin angesetzten Neuwahlen für das Präsidentenamt hat Moon Jae-In, Kandidat der liberalen Partei, klar mit 41 Prozent der Stimmen vor seinem konservativen Konkurrenten Hong Joon-Pyo gewonnen. Er wurde am 10. Mai als 19. Präsident Südkoreas vereidigt.

Moon Jae-In wurde 1953 in Geoje, einer Insel im Süden des Landes, als eines von fünf Kindern geboren. Seine katholische Familie war vor den Kommunisten aus Nordkorea geflüchtet. Moon studierte Jura an der angesehenen Kyung-Hee Universität in Seoul. Als er sich an Protesten gegen Park Chung-Hee beteiligte, gegen den Vater der abgesetzten Präsidentin Park Geun-Hye, wurde er der Universität verwiesen. Nach Ableistung des Militärdienstes konnte er sein Jurastudium doch noch abschließen und arbeitete zusammen mit Roh Moo-Hyun in einer Anwaltskanzlei in Busan. Er setzte sich als Anwalt vor allem für die Menschenrechte ein. Moon gründete außerdem die linksgerichtete Tageszeitung „Hankyoreh“ mit.

Als sein Kompagnon Roh Moo-Hyun 2002 als Kandidat der liberalen Partei erfolgreich für das Amt des Präsidenten kandidierte, leitete Moon die Wahlkampagne. In der neuen Regierung arbeitete Moon als Sekretär im Innenministerium und später als Chefsekretär von Roh Moo-Hyun. In dieser Eigenschaft war er maßgeblich am Zustandekommen des innerkoreanischen Gipfeltreffens von Präsident Roh mit dem nordkoreanischen Führer Kim Yong-Il beteiligt. Bei den Präsidentenwahlen 2012 war Moon schon einmal Spitzenkandidat, unterlag aber Park Geun-Hye. Im Zuge der Massenproteste gegen die der Korruption bezichtigte Präsidentin gelang es Moon, die Oppositionskräfte zu einen und am Ende die Präsidentenwahl zu gewinnen.

In seinen ersten offiziellen Äußerungen nach dem Amtsantritt signalisierte Moon Gesprächsbereitschaft mit der Führung in Pjöngjang. Damit unterscheidet er sich deutlich von seiner Vorgängerin, die auf strikte Abgrenzung und militärische Eindämmung Nordkoreas gesetzt hatte.

Im Wahlkampf hatte Moon eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Kooperation mit Nordkorea befürwortet und sich für eine Wiedereröffnung des Industrieparks Kaesong und des gemeinsamen Tourismusprogramms ausgesprochen. Er stellte dafür aber die Bedingung auf, dass es vorher zu einer Lösung im Streit um das Atomwaffenprogramm kommen müsse.

Als Zeichen des guten Willens, das Verhältnis zu Nordkorea zu verbessern, hat die neue südkoreanische Regierung einer privaten Stiftung erlaubt, Moskitonetze und Chemikalien für ein humanitäres Projekt der Malariabekämpfung nach Nordkorea zu liefern. Humanitäre Hilfe sollte ohne Rücksicht auf politische Erwägungen geleistet werden, erklärte das Außenministerium in Seoul.

Allerdings schätzt Moon die Erfolgsaussichten der Kontaktanbahnung mit dem Norden realistisch ein. Er fürchtet, dass die wiederholten Raketentests und die Androhung neuer Atomversuche durch Nordkorea den Konflikt weiter eskalieren lassen könnten.

Der politische Spielraum Seouls ist auch durch die zunehmenden Spannungen zwischen Nordkorea und den USA stark eingeschränkt. Präsident Moon wird versuchen, auf stärkere Berücksichtigung der Interessen und Einbindung Südkoreas bei strategischen Entscheidungen der Schutzmacht USA zu drängen. Dies würde zugleich auch die Stellung Südkoreas gegenüber der Volksrepublik China stärken.

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