PorträtLuis Francisco Ladaria Ferrer: Der lächelnde Panzer

Ein spanischer Jesuit wird Nachfolger von Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Möglicherweise wird die bisherige Nummer Zwei der Glaubenskongregation das Amt aber nur für eine Übergangszeit innehaben.

Als am Nachmittag des 30. Juni, einem Freitag, unter den Mitarbeitern der Glaubenskongregation die Nachricht die Runde machte, dass ihr bisheriger Präfekt in den Ruhestand versetzt worden sei, reagierten die meisten von ihnen überrascht und schockiert. Bis zuletzt hatte Kardinal Gerhard Ludwig Müller selbst nicht gewusst, ob es nach seiner ersten fünfjährigen Amtszeit für ihn weitergeht. Erst bei einer mittäglichen Audienz am letzten Tag dieser Amtszeit hatte er von Papst Franziskus erfahren, dass dies sein letzter Arbeitstag gewesen sei und er am Montag die Koffer zu packen habe. So irritiert viele Mitarbeiter über die plötzliche Abberufung ihres Chefs waren, so erleichtert waren sie, als sie tags darauf erfuhren, wer Kardinal Müllers Nachfolger werden sollte. Die bisherige Nummer Zwei der Behörde, Erzbischof Luis Francisco Ladaria Ferrer, der 2008 von Benedikt XVI. an die Glaubenskongregation geholt wurde, steht in den Augen seiner Kollegen für inhaltliche Kontinuität mit seinem Vorgänger. Da die Nachricht von Müllers Rauswurf sich schnell verbreitete, sah sich der vatikanische Pressesaal wohl gezwungen, am Samstagvormittag mit einer Mitteilung zu reagieren. Es spricht einiges dafür, dass Ladaria nicht wesentlich früher von seiner eigenen Ernennung erfahren hat.

So nah sich Müller und Ladaria theologisch zu stehen scheinen, so unterschiedlich sind sie doch in Charakter und Temperament. Obwohl ihm Journalisten eigentlich verhasst sind, hat sich Müller nie gescheut, in der Öffentlichkeit zu allen denkbaren Fragen Stellung zu beziehen. Müller wirkt konfrontativ und kompromisslos, Ladaria hingegen gilt als höflich und zurückhaltend. Interviews gibt er so gut wie nie. Immer wieder wurde nach der Ernennung des spanischen Jesuiten aus einer seiner wenigen öffentlichen Äußerungen zitiert. Im Jahr 2008, nach seiner Ernennung zum Sekretär der Glaubenskongregation, sagte er im Gespräch mit der Monatszeitschrift „30Giorni“, er liebe „keine Extreme“, „weder progressiver noch traditionalistischer Art“. Die Katholische Nachrichten-Agentur schloss daraus, Ladaria sei ein „Mann der Mitte“. Auf der anderen Seite erzählt man in Rom, Ladaria habe als Professor an der römischen Jesuitenuniversität Gregoriana unter den Studenten den Spitznamen „der lächelnde Panzer“ gehabt. Hat Franziskus also den polternden deutschen Kardinal durch einen diskreten Spanier ersetzt, der aber in der Sache genauso streng wie sein Vorgänger ist?

Doch vielleicht ist der persönliche Standpunkt bei einem Präfekten, der wie Franziskus aus dem Jesuitenorden stammt, auch gar nicht entscheidend. Neben den drei klassischen Gelübden Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam legen die Jesuiten noch ein viertes Gelübde ab: nämlich das des besonderen Gehorsams gegenüber dem Papst. Es ist darum schwer vorstellbar, dass sich Ladaria wie Müller mit Äußerungen zitieren lässt, die als Korrektur des Papstes verstanden werden können. Ein Paradigmenwechsel in der Arbeit der Glaubenskongregation ist von Ladaria nach allem, was über ihn bekannt ist, aber nicht zu erwarten. Offen ist, ob Ladaria überhaupt eine volle Amtszeit von fünf Jahren absolvieren wird. Laut einer Regelung, die Franziskus 2014 erlassen hat, müssen Kardinäle, die eine Kurienbehörde leiten, dem Papst mit 75 Jahren ihren Rücktritt anbieten. Kurienchefs, die nicht im Kardinalsrang stehen, verlieren mit ihrem 75. Geburtstag automatisch ihr Amt. Ladaria erreicht in anderthalb Jahren diese Altersgrenze. Wenn er also in den nächsten Monaten nicht zum Kardinal erhoben wird, könnte das das Zeichen dafür sein, dass ein anderer in den Startlöchern steht. Der Mann von Papst Franziskus in der Glaubenskongregation heißt Giacomo Morandi. Ende 2015 machte ihn der Papst zum Untersekretär, nun ist er zum Sekretär aufgestiegen.

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