Bei schwerer Krankheit, großen körperlichen Schmerzen oder leibseelischen Leiden sind Menschen besonders mit ihrer Verletzbarkeit und Verwundbarkeit oder gar Sterblichkeit konfrontiert. Das Erleben von persönlicher Vulnerabilität und Gebrechlichkeit verbindet sich mit der Erfahrung, auf andere angewiesen und von ihnen abhängig zu sein. Man bedarf in solchen Situationen der Hilfe von Menschen, die einen pflegen und umsorgen, von Ärztinnen und Ärzten; man ist angewiesen auf medizinisches Wissen und Medizintechnik, deren Funktionsmechanismen und Wirkweisen für Nichtfachleute oft kaum oder gar nicht einsehbar oder verständlich sind. Als Patient ist man hier auf die Kompetenz der beteiligten Professionen, auf die Bewährtheit der medizinischen Erkenntnisse sowie auf den sachgerechten Einsatz der Mittel und Maßnahmen angewiesen.
Darüber hinaus zeichnen sich Beziehungen im medizinischen Kontext durch eine strukturelle Asymmetrie zwischen Personal und Patient aus. Sie besteht in dem Erfordernis, dass man sich als Patient in einer prekären Lage dem Arzt oder der Ärztin in seiner Bedürftigkeit und Schwäche zeigen und öffnen muss, um fachgerechte Hilfe zu erhalten. Angesichts einer hoch spezialisierten Medizin haben Patienten sogar mit verschiedenen Menschen im Medizinbetrieb zu tun, die man nicht oder kaum kennt; und die knapp bemessenen Interaktionszeiten erlauben es auch nicht, sie etwas näher kennenzulernen, um erfahrungsbasiert Vertrauen fassen zu können. Vielmehr ist man als Patient nolens volens zu einem gewissen Vertrauensvorschuss gegenüber dem behandelnden medizinischen, therapeutischen und pflegenden Personal angehalten, damit die Interaktionen zum eigenen Wohl gelingen können. Vertrauen ist daher eine der zentralen Währungen der Arzt-Patienten-Beziehung.
Rechtliche Regelungen kommen an ihre Grenzen
Ob das Vertrauen jedoch im Einzelnen gerechtfertigt ist, lässt sich erst im Nachhinein feststellen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass es Mechanismen gibt, die die Berechtigung des Vertrauens eines Patienten in den Arzt nicht nur grundsätzlich und allgemein, sondern auch im konkreten Fall sicherstellen. Rechtliche Regelungen kommen hier an ihre Grenze, zumal sie lediglich das Verhalten, nicht aber die innere Haltung und Einstellung von Personen normieren können.
Um die Vertrauenswürdigkeit und moralische Einstellung des Arztes sowie die Redlichkeit und Fachlichkeit seines Handelns zu verbürgen, wurde bereits in der antiken Medizin der sogenannte Hippokratische Eid (4. Jahrhundert vor Christus) formuliert. In ihm kam die ethische Grundhaltung des Arztes als sittliche Selbstverpflichtung vor den Göttern zum Ausdruck.
In den kulturellen und religiösen Kontext seiner Zeit eingebettet, stellte der Hippokratische Eid das Wohl des Patienten, die Schadensvermeidung und den Lebensschutz als Orientierungspunkte ins Zentrum (Verbot zur Tötung beziehungsweise Beihilfe zur Tötung von geborenem wie ungeborenem Leben). Aber auch die ärztliche Schweigepflicht, Redlichkeit und die Achtung der eigenen medizinischen Kompetenzen, Vermeidung von Unrecht, das Nicht-Ausnutzen von Abhängigkeitsverhältnissen etwa durch sexuelle Übergriffe sowie Kollegialität und die Übernahme einer ärztlichen Verantwortung für die Lebensführung waren dessen Gegenstand. Im Zentrum des Eids stand die Vertrauenswürdigkeit des Arztes: „Lauter und redlich werde ich bewahren mein Leben und meine Kunst“.
Wenngleich der Hippokratische Eid in der Antike nur von einer Minderheit der Ärzte akzeptiert wurde, begann er im Mittelalter unter christlichem Vorzeichen seine medizinethische Erfolgsgeschichte, bevor er dann ab der Renaissance weiter wirkmächtig wurde und im 19. Jahrhundert als säkularisierte Form ärztlicher Selbstverpflichtung zu einem Ausdruck medizinischer Selbstkontrolle in der Öffentlichkeit avancierte.
Der Sache nach findet der Hippokratische Eid bis heute im Genfer Gelöbnis als ärztlichem Berufseid seine Fortsetzung. 1948 vom Weltärztebund als Reaktion auf die Verbrechen von Ärzten im Nationalsozialismus verabschiedet und danach mehrfach redigiert, ist das Genfer Gelöbnis seit 1950 elementarer Bestandteil der ärztlichen Musterberufsordnung (MBO) in Deutschland. Es ist somit für jede Ärztin und jeden Arzt verpflichtend, ohne dass dieses Gelöbnis ausdrücklich gesprochen werden müsste. Vielmehr gilt es mit Anerkennung der Musterberufsordnung stillschweigend als akzeptiert und ist somit standesrechtlich bindend.
Im Oktober 2017 wurde in Chicago eine Neufassung des Genfer Gelöbnisses beschlossen. Unter Leitung der deutschen Bundesärztekammer hat eine internationale Arbeitsgruppe innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren die bestehende Version überarbeitet. Die öffentlichen Reaktionen wie auch das mediale Echo zeigen, welche Erwartungen und Hoffnungen damit verbunden werden. So kommt etwa Jan Schweitzer zu dem Urteil: „Die Ärzte haben das Genfer Gelöbnis modernisiert und damit menschenfreundlicher gemacht“ („Die Zeit“, 9. November 2017, 35).
Angesichts solcher oder ähnlicher Einschätzungen darf man jedoch nicht schlussfolgern, das Genfer Gelöbnis in der vorausgehenden Fassung sei verstaubt oder nicht sonderlich „menschenfreundlich“ gewesen. Beides trifft in keiner Weise zu. Gleichwohl bildet sich in der Neufassung ab, was sich in den Jahren zuvor im ärztlichen Ethos und in der medizinischen Ethik längst etabliert hat und unter dem Stichwort „Patientenautonomie“ gefasst wird. Darüber hinaus greift die Neufassung spezifische Entwicklungen und Eigendynamiken im Medizinbetrieb und deren Auswirkungen auf die Ärzteschaft auf.
So kommen insbesondere die systemischen Bedingungen, die den medizinischen Alltag und das Gesundheitswesen prägen, stärker in den Blick. Vor diesem Hintergrund lässt sich eine implizite Kritik an bestehenden Verhältnissen erkennen.
In der bisherigen Fassung ging es um folgende Leitmarken, auf die sich die Ärzte freiwillig selbst verpflichteten, um ihr „Leben in den Dienst der Menschlichkeit zu stellen“ (Genfer Gelöbnis 2006), nämlich: die Schweigepflicht, die Gesundheit des Patienten, den Respekt vor menschlichem Leben, eine Berufsausübung nach bestem Gewissen und mit Würde, Dankbarkeit und Achtung gegenüber den Lehrern, Kollegialität, die Vermeidung von Diskriminierung sowie die Ablehnung der Verwendung medizinischer Kenntnisse, wenn sie Menschenrechte oder bürgerliche Freiheiten verletzen. Als konstitutives Element der Musterberufsordnung, die „der Festlegung von Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte dient“ (Präambel), steht das Gelöbnis im Lichte von deren Zielsetzung. Sie besteht darin, „das Vertrauen zwischen Ärztinnen und Ärzten und Patientinnen und Patienten zu erhalten und zu fördern; die Qualität der ärztlichen Tätigkeit im Interesse der Gesundheit der Bevölkerung sicherzustellen; die Freiheit und das Ansehen des Arztberufes zu wahren; berufswürdiges Verhalten zu fördern und berufsunwürdiges Verhalten zu verhindern“ (MBO, Präambel).
In der Musterberufsordnung manifestiert sich also ein berufliches Ethos, das nicht nur ein fachgerechtes medizinisches Handeln im Sinn einer gleichsam äußerlichen Professionalität sicherstellen möchte. Vielmehr geht es um die Ausbildung einer Grundhaltung und Einstellung, also eines Ethos, das Ärztinnen und Ärzte sich aneignen und zum Richtmaß ihres Handelns machen sollen. Von ihnen soll man demnach nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch persönliche Integrität erwarten dürfen.
Fachliche Kompetenz und persönliche Integrität im medizinischen Ethos sind von vielfältigen Faktoren abhängig und orientieren sich an Wertmaßstäben und Sinneinsichten, die nicht einer irgendwie gearteten medizinischen Sondermoral entstammen. Vielmehr stellt das medizinische Ethos eine handlungsfeldspezifische Konkretion und Anwendung allgemein akzeptierter und geteilter Wertvorstellungen, leitender Prinzipien und Normen dar, sodass es auch in einer pluralen Gesellschaft weithin Geltung beanspruchen kann. Daher findet seine ethische Rationalität allgemeine Anerkennung.
Verändern sich entsprechende Bedingungen im Handlungsfeld des Gesundheitswesens oder bilden sich aufgrund neuer Erfahrungen neue moralische Sensibilisierungen oder Werteinsichten heraus, kann das zu Modifikationen und Veränderungen im gelebten und praktizierten Ethos führen. In der Neufassung des Genfer Gelöbnisses findet ein solcher Wandlungsprozess seinen Niederschlag; man könnte ihn – etwas zugespitzt formuliert – als eine „personale und systemische Wende“ bezeichnen. Diese findet gleich mehrfach ihren Ausdruck.
Zentral und zum ersten Mal überhaupt wird im Genfer Gelöbnis der Grundsatz der Patientenautonomie ausdrücklich formuliert und anerkannt. So heißt es nun: „Ich werde die Autonomie und die Würde meiner Patientin oder meines Patienten respektieren“. Sicherlich, der Grundsatz der Patientenautonomie beziehungsweise des Selbstbestimmungsrechts des Patienten und der damit verbundene Grundsatz der informierten Einwilligung (informed consent) waren bereits in § 7.1 und § 8 der Musterberufsordnung klar verankert. Allerdings spiegelte die alte Fassung des Genfer Gelöbnisses noch eine eher paternalistische und am objektiven Wohl des Patienten orientierte Einstellung wider. Mit der Neufassung werden diese Inkohärenzen beseitigt.
Das zeigt sich ebenso bei einer anderen Maxime: Hieß es bislang, „die Gesundheit meiner Patientinnen und Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein“, wird nun erweitert, dass sowohl Gesundheit als auch Wohlbefinden primärer inhaltlicher Maßstab sein sollen. Die Ausrichtung ärztlicher Fürsorge gilt explizit nicht mehr nur der Gesundheit, sondern in ganzheitlicher Perspektive dem Wohlbefinden und damit der selbst erlebten Lebensqualität der Patientinnen und Patienten. Vor allem angesichts der enormen intensivmedizinischen Möglichkeiten oder im Kontext der Palliativmedizin rückt diese Erweiterung auch die Möglichkeit von Therapiezieländerung bis hin zum Behandlungsverzicht stärker in das Blickfeld.
Medizinische und therapeutische Maßnahmen, die weder einer Wiederherstellung der Gesundheit noch einer Linderung von Schmerzen oder Leiden dienen, aber auch nicht rudimentär die Möglichkeit zwischenmenschlicher Interaktion oder fürsorglicher Kommunikation eröffnen oder aufrechterhalten können (und auch nicht das Erleben persönlicher Identität zumindest ansatzweise erhalten können), verlieren angesichts dieser Norm ihre medizinische Indikation sowie ihre ethische Rechtfertigung. Zugleich findet der faktisch geäußerte Wille des Patienten – entsprechend dem Grundsatz der Fürsorge – in der Norm des Wohlbefindens des Patienten dann ein Korrektiv, wenn dieser Patientenwille nicht wohl informiert oder massiv beeinträchtigt ist. In solchen Fällen kann nämlich nicht wirklich von einer informierten Einwilligung des Patienten beziehungsweise der Patientin ausgegangen werden.
Über diese Patientenfokussierung hinaus findet sich die personal-systemische Wende auch in direktem Bezug auf die Ärztinnen und Ärzte wieder, indem sie diese zur (gesundheitsbezogenen) Selbstsorge und zur fachlichen Qualitätssicherung anhält. So heißt es in einer neu eingefügten Formulierung: „Ich werde meine eigene Gesundheit, mein Wohlbefinden und meine Kenntnisse pflegen, um eine medizinische Versorgung auf höchstem Niveau leisten zu können“. Angesichts hoher Belastung und Überstunden sowie einer oft bestehenden personellen Unterbesetzung bedeutet diese Selbstverpflichtung eine indirekte Kritik an den herrschenden Zuständen im Gesundheitssystem.
Der Vorwurf, hiermit würde lediglich die Lösung eines systemischen Problems personalisiert und auf die Betroffenen selbst verschoben, ist ernst zu nehmen. Einseitig vorgebracht, verkennt er jedoch die inhärenten Widersprüchlichkeiten im Medizinbetrieb. Denn gerade hinsichtlich guter medizinischer Versorgung zum Wohl der Patientinnen und Patienten müssen die Ärztinnen und Ärzte auf sich selbst achten und hinreichend Zeit zur fachlichen Weiterbildung finden.
Letzteres ist angesichts der rasanten Fortschritte und Entwicklungen in der spezialisierten Hochleistungsmedizin und ebenso in der Allgemeinmedizin notwendig, um lege artis praktizieren zu können. Daher wird die ärztliche Selbstverpflichtung, den Beruf „nach bestem Gewissen und mit Würde“ auszuüben, ergänzt um den Zusatz „im Einklang mit der guten medizinischen Praxis“. Zugleich soll das medizinische Wissen nicht nur geteilt und weitergegeben werden, damit es dem Patientenwohl dient; vielmehr soll es, wie eine weitere Neuformulierung zum Ausdruck bringt, auch geteilt werden, um das Gesundheitswesen zu fördern. Damit wird nun vollends die personal-systemische Wende im Genfer Gelöbnis vollzogen. Dass dabei Achtung und Dankbarkeit nicht nur gegenüber den eigenen Lehrerinnen und Lehrern, sondern auch gegenüber Kolleginnen und Kollegen sowie den Studierenden zu erweisen ist, stellt eine konsequente Zusammenführung einer systemischen und einer personalen Perspektive dar. Der sich darin äußernde Respekt mag durchaus zugleich ein Reflex auf hierarchische Gefüge in der Ärzteschaft mit spezifischen Herrschaftspraktiken darstellen, die mit einer Patientenorientierung einerseits und einer gewachsenen Sensibilität für Herrschafts-, Ausbeutungs- und Diskriminierungsdynamiken andererseits unvereinbar sind.
Mehr Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt
Die Neufassung des Genfer Gelöbnisses weist also bemerkenswerte Neuerungen auf und beseitigt bislang bestehende Unstimmigkeiten im kodifizierten ärztlichen Ethos. Als allgemeine Selbstverpflichtung will es das Vertrauen in die Ärzteschaft stärken, um auch das Vertrauen in das Gesundheitssystem insgesamt zu fördern. Gerade in einem Handlungsfeld, in dem sich die Betroffenen in einer besonders gefährdeten und verletzbaren, mitunter existenziell bedrohlichen Situation befinden, bedarf es einer solchen Sicherung der Vertrauenswürdigkeit und institutionalisierter Formen der Vertrauensbildung. Im Genfer Gelöbnis binden sich die Ärztinnen und Ärzte daran, moralisch integer und lege artis ihre Profession auszuüben, orientiert am Wohl und Willen des Patienten. Das Gelöbnis ist demnach eine sichtbare Form, sich unter prekären Bedingungen verlässlich zu machen.
Angesichts der Unsicherheit verschiedenster medizinischer Maßnahmen, die aus sachlichen Gründen nicht mit einer Erfolgsgarantie versehen werden können, angesichts der Irreversibilität mancher medizinischer Eingriffe, die nicht nochmals einer Revision unterzogen werden können, angesichts der strukturellen Asymmetrie im Arzt-Patienten-Verhältnis und schließlich auch angesichts medizinethischer Entscheidungsdilemmata bedarf es eines solchen Vertrauens von Patientinnen und Patienten in das sie behandelnde medizinische Personal. Und zwar nicht nur, um gegen Tendenzen einer Verrechtlichung des Medizinsystems mit der Konsequenz einer zunehmenden Defensivmedizin ein Gegengewicht zu setzen. Sondern auch, weil Vertrauen, das sich bewährt beziehungsweise nicht enttäuscht wird, auch individuelle Heilungsprozesse fördern beziehungsweise das Wohlbefinden bei Behandlungen unterstützen kann.
Zweifellos macht das Genfer Gelöbnis den Arztberuf anspruchsvoller. Denn es setzt noch stärker auf die Arzt-Patienten-Beziehung, auf Kooperation und shared-decision-making, um den Willen und das Wohl der Patientinnen und Patienten zu achten und ihnen zur Geltung zu verhelfen. Damit dies gelingt, bedarf es der Freiräume und der Zeit für solche Gespräche, aber auch kommunikativer Kompetenzen sowie spezifischer Interaktions- und Beziehungsqualitäten. Dies ist nicht zuletzt deshalb zu betonen, weil das Gesundheitswesen auch für Patientinnen und Patienten anspruchsvoller geworden ist. Denn angesichts der Komplexität und Unübersichtlichkeit von Behandlungsoptionen und Therapiemaßnahmen einerseits und der Prozeduren und Eigenlogiken des Versorgungssystems andererseits haben nicht alle gleichermaßen die Möglichkeiten oder Fähigkeiten, selbstbestimmt und wohl informiert die anstehenden medizinischen Entscheidungen zu fällen.
Dies gilt umso mehr, als in besonders prekären und vulnerablen Situationen wie bei schwerer Erkrankung oder Gefühlen von Angst und Ohnmacht die Grenzen der faktischen Selbstbestimmungsfähigkeit noch enger werden können. Den Grundsatz der Patientenautonomie zu stärken, wie es im Genfer Gelöbnis zum Ausdruck kommt, heißt daher gerade nicht, Fürsorge abzubauen, sondern achtsam dafür zu sein und zu fördern, was Menschen in solchen Situation besonders brauchen und was ihnen besonders Not tut.
Der Hippokratische Eid war eingerahmt in die Anrufung der Götter. In seiner christlichen Rezeption und Weiterführung wurde er in den Horizont des christlichen Glaubens eingebettet. Das Genfer Gelöbnis stellt dagegen eine säkularisierte Form ärztlicher Selbstverpflichtung dar. In einer pluralen Welt ist das nicht nur verständlich, sondern auch richtig. In der je persönlichen Aneignung des ärztlichen Ethos spielt es jedoch bleibend eine wichtige Rolle, wie die Erfahrung eigener Begrenztheit und das anthropologische Faktum der Endlichkeit und des Sterben-Müssens in der medizinischen Praxis berücksichtigt werden, aber auch, aus welchen Sinnressourcen und Hoffnungsbildern sich das persönliche Ethos ärztlichen Entscheidens und Handelns speist, um mutig und hilfreich für die Patientinnen und Patienten wirken zu können. Hier kann dem christlichen Glauben auch für das ärztliche Ethos bleibende Bedeutung zukommen.