„Diese Wirtschaft tötet“. Nicht zuletzt mit zugespitzten Sätzen wie diesem (Evangelii gaudium, Nr. 53) hat Papst Franziskus einen Stein ins Wasser geworfen, der seither in den Diskussionen über Christentum, Kirche und Wirtschaftsordnung unübersehbar Kreise zieht und die katholische Soziallehre bei ihrer Ortsbestimmung herausfordert. Wolfgang Bernhardt, kein professioneller Sozialethiker, wohl aber durch jahrzehntelange Tätigkeit mit wirtschaftlichen Abläufen in unterschiedlichen Branchen vertraut, hat sich schon öfter in Vorträgen und Veröffentlichungen in der durch Franziskus neu angestoßenen Diskussion zu Wort gemeldet, unter anderem durch ein bemerkenswertes Buch über das in Tansania mit kirchlicher Zustimmung versuchte Modell eines „afrikanischen Sozialismus“ (Tanzania, Nyerere, Papst Franziskus. Das Scheitern einer „christlich inspirierten Wirtschaft“. Münsterschwarzach 2016).
Jetzt hat Bernhardt einen kleinen Band vorgelegt, in dem er eine Lanze für das Unternehmertum als seiner Überzeugung nach von der katholischen Soziallehre beziehungsweise von der Kirche notorisch unterbewertetem Element einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung bricht. Die Kirche, so seine Grundthese, habe keinen Sinn für den Unternehmer und das unternehmerische Geschehen, das A und O der Wirtschaft: „Der Typ ‚Unternehmer‘ ist der Kirche fremd: mit seinen notwendigen Freiheiten und dem Risiko, auch zu irren; mit Wettbewerb und Markt kann die Kirche wenig anfangen; sie fürchtet Böses.“ (95). Er sieht durch die päpstlichen Dokumente „Evangelii Gaudium“ und „Laudato Si“ die wenigen Brücken zwischen Kirche und Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen.
Seine Kritik wie seine Anregungen formuliert das Buch durchweg in kurzen, gelegentlich auch plakativen Merksätzen und verzichtet auf eine ausführliche, erklärende Argumentation. Zu einem erheblichen Teil besteht es aus längeren Zitaten kirchenamtlicher Dokumente und Stellungnahmen aus der katholischen Sozialethik. Insofern hat der Band insgesamt den Charakter eines engagierten Weckrufs mit den Möglichkeiten wie Grenzen dieses Genres. Die mit Sicherheit kontroverse und hoffentlich sachkundige Diskussion über christliche Botschaft und Wirtschaft muss und wird also weitergehen, gerade auch über das wichtige Teilthema Unternehmertum.