Eine Apostolische Konstitution könnte in die Diskussion um die zukünftige Ausrichtung der Theologie auch im deutschen Sprachraum neue Bewegung bringen. Ihr Titel lautet: „Veritatis Gaudium“. Veröffentlicht wurde das Dokument am 8. Dezember 2017. Papst Franziskus fordert darin nicht weniger, als dass sich die Theologie radikal auf die Fragen der Gegenwart einlassen und den Dialog mit all denen suchen soll, die, gleich welchen Bekenntnisses und welcher Weltanschauung, die Gesellschaft zukunftsfähig machen. Sie soll sich in die entsprechenden Debatten und Diskurse vom Evangelium her einbringen und sich, so eine besonders gelungene Formulierung, als ein „kulturelles Laboratorium“ begreifen. Das klingt für manchen vielleicht nicht neu, wird aber mit großem Nachdruck von römischer Seite vorgebracht.
Die Apostolische Konstitution von Papst Franziskus, deutlich mit seiner Handschrift verfasst, ist durch und durch von einer großen Wertschätzung der akademischen Theologie geprägt. Innerkirchlich darf man sie als Aufforderung lesen, das wissenschaftliche und kulturelle Gut theologischer Fakultäten sorgfältig zu pflegen. Zugleich ist das Schreiben eine Ermahnung an all jene, die glauben, sich angesichts einer „relativistischen“ Welt in der theologischen Studierstube bequem einrichten zu können; sie dürften durch die Lektüre eher aufgeschreckt werden. Der Papst formuliert erhebliche Erwartungen an einen Aufbruch in der Theologie, die er dabei nicht aus ihrer Verpflichtung auf das Evangelium und die lebendige Tradition entlässt. Die Konstitution kann durchaus als heilsame Provokation wahrgenommen werden.
Große Ziele werden gesteckt, sowohl was die Erneuerung der Kirche als auch den Beitrag zu einer Wissenskultur angeht, die zur Lösung der großen Gegenwartsfragen beitragen kann. Theologie orientiert sich damit gleichermaßen nach innen wie nach außen. Sie wird als Gesprächspartnerin der Kirchenleitungen ernst genommen, aber lässt sich zugleich nicht auf eine allein innerkirchliche Rolle festlegen. Sie soll sich vielmehr unter den Wissenschaften und inmitten der Gesellschaft zu Wort melden. Die Konstitution trifft sich durchaus mit dem, was Wissenschaftsorganisationen – wie etwa der deutsche Wissenschaftsrat mit seinen Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Theologie und religionsbezogenen Wissenschaften an deutschen Hochschulen von 2010 – von der Theologie in jüngerer Zeit verlangt haben: mehr Interdisziplinarität und mehr Vernetzung in der akademischen Welt und in der Gesellschaft.
Das Dokument besteht aus mehreren Teilen. Der erste ist zurückhaltend mit „Einleitung“ überschrieben, obwohl er das eigentlich Brisante enthält. Der Bischof von Rom verlangt für die Theologie nichts weniger als einen „radikalen Paradigmenwechsel“ und eine „mutige kulturelle Revolution“ (3). Der zweite Teil, der Normen für kirchliche Universitäten und theologische Fakultäten sowie die Ordinationes der Kongregation für das Katholische Bildungswesen zur richtigen Anwendung der Konstitution enthält, bleibt weitgehend im Rahmen dessen, was 1979 bereits in „Sapientia Christiana“ zu lesen war (das Vorwort dieses Dokuments ist auch noch einmal abgedruckt). Er wird wiederum durch zwei kleinere Anhänge ergänzt. Die Normen entsprechen weitgehend „Sapientia Christiana“. Ganz neu ist ein Paragraph, der Verfahren für die Zulassung von Flüchtlingen für das Studium fordert (IV. 32 §3). Neu sind einzelne Paragraphen, die die Einrichtung oder Aufhebung kirchlicher Universitäten und Fakultäten regeln. Gleiches gilt für die „Ordinationes“, die zumindest mit Blick auf Inhalte von Forschung und Lehre wenige Veränderungen enthalten, so wenn etwa für die Fundamentaltheologie festgehalten wird, sie solle sich neben dem Atheismus „der anderen Strömungen zeitgenössischen Denkens“ annehmen (Art. 55 b) oder wenn in einer Auflistung möglicher weiterer Fakultäten unter anderem Bioethik, Kommunikationswissenschaft, Spiritualität und Studien zu Ehe und Familie genannt werden (IV).
Es ist schon überraschend, dass die Einleitung ein sehr ambitioniertes Programm vertritt, das sich in den Normen kaum widerspiegelt. Man fragt sich auch, wie die „Revolution“ ablaufen soll, wenn vieles in den Universitäten und Fakultäten letztlich der Zustimmung der zuständigen römischen Kongregation bedarf. Wäre hier nicht mehr Kompetenz für die Bischofskonferenzen schlüssiger und sachgerechter?
Fragen der Gegenwart
Wahrheit darf nicht als Abstraktum verstanden werden, so die Konstitution eingangs, sondern muss sich in der Theologie auf Jesus Christus, das Wort Gottes, beziehen. Dem Volk Gottes ist das Zeugnis für dieses Wort und für Christus aufgetragen. Es begleitet alle Völker und Kulturen, „um mit dem Licht des Evangeliums den Weg der Menschheit auf eine neue Kultur der Liebe hin zu erhellen“ (Nr. 1). Hier und andernorts begegnet eine sehr metaphorische Sprache, die man in einem letztlich hochschulpolitischen Dokument nicht erwartet. Doch wird die Konstitution wenig später konkreter und bricht die Rede von der „Kultur der Liebe“ auf die großen Probleme der Gegenwart herunter, seien sie politischer, ökonomischer, technischer oder kultureller Natur. Krisensymptome machen es unumgänglich, dass man „Fortschritt“ neu umschreiben muss, so der Papst (Nr. 3). Dafür braucht es neue leaderships und eine neue Kultur im Umgang mit dieser Krise. Wichtig ist gerade bei den ersten Sätzen der Konstitution, dass die Kirche als Pilgerin beschrieben wird. Ihre Sendung ist es, mit den Kulturen der Welt Umgang zu pflegen. Es geht dabei nicht um eine Taktik der „Evangelisierung“, ein Begriff, der im Dokument immer wieder auftaucht, ohne wirklich geschärft zu werden, sondern um einen Umgang, der ehrlich und solidarisch sein soll.
Der Theologie wird Beweglichkeit abverlangt, Neugierde, Nähe zu den Problemen der Menschen, durchaus auch Wagemut. Die Welt der Wissenschaften hat sich verändert, auch deren soziokulturelles Umfeld. Deshalb ist ein aggiornamento von „Sapientia Christiana“ notwendig. Es ist bezeichnend, dass gerade dieses Signalwort, mit dem Johannes XXIII. die Ziele des Zweiten Vatikanischen Konzils und damit einen Aufbruch in der Kirche charakterisierte, hier auf die Theologie angewendet wird. Bei Johannes XXIII. verbindet sich „aggiornamento“ mit dem Bild der Fenster, die zur Welt aufgestoßen werden sollen. Bei Franziskus ist offensichtlich gleiches mit Blick auf die Theologie gemeint: Ein Aufbruch für das Nachdenken über die großen Fragen der Gegenwart im Licht des christlichen Glaubens ist notwendig. Das Studium der Theologie soll belebt, die Trennung von Theologie, Pastoral, Leben überwunden werden (Nr. 2).
Wer das leisten will, muss in Heiliger Schrift, Liturgie, systematisch-theologischen Studien zuhause sein, aber auch „im Dialog mit den Menschen der heutigen Zeit“ (Nr. 2) stehen. Diese Gleichzeitigkeit, die die Theologie herausfordert, durchzieht das Dokument. Es handelt sich nicht um ein Plädoyer für eine nur und vor allem an innerkirchlichen Fragestellungen interessierte Theologie. Im Gegenteil: Es soll auch um die Probleme gehen, „die die ganze Welt betreffen“ (Nr. 4d). Ein treffendes Stichwort lautet „offenes Denken“ (Nr. 3). Hier wird einer Theologie das Wort geredet, die sich um der Sache willen mit den Fragen der Gegenwart beschäftigt und sich davon begeistern und herausfordern lässt.
Dazu passt, dass die Konstitution wiederholt auf große Dokumente der kirchlichen Soziallehre verweist, die „im Dialog mit den verschiedenen Kulturen sozusagen ‚auf dem Feld‘ geprüft und vermehrt“ wurden (Nr. 3), ohne dass die Theologie hier auf die Soziallehre beschränkt würde. Es geht der Konstitution um eine Theologie, die nicht fernab der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten der Gegenwart betrieben wird, sondern sich geradezu in deren Zentrum bewegt. Der immense Anspruch des Dokuments in dieser Hinsicht ist kirchenpolitisch, aber auch wissenschaftspolitisch nicht zu übersehen. Ein gängiger Vorwurf an die Theologie lautet ja, sie halte sich aus diesen Debatten zu häufig heraus oder artikuliere sich zumindest nicht stark genug in der Öffentlichkeit. Die Konstitution setzt hier neue Maßstäbe.
Kriterien der Erneuerung
Vier Kriterien werden für die Erneuerung der Theologie genannt. Grundlegend ist die Ausrichtung am Evangelium. Theologie lebt aus der immer neuen „geistlichen, intellektuellen und existenziellen Einführung“ in das Kerygma. Die Konstitution sieht im Evangelium das Fundament des sozialen Engagements von Christen. Deshalb soll aus der Auseinandersetzung mit der biblischen Botschaft die Offenheit für die soziale Dimension des christlichen Glaubens wachsen und gestärkt werden. Man kann es knapp so formulieren: Eine Theologie, die aus dem Evangelium lebt, ist sozial interessiert.
Bleibt dieses Kriterium im Rahmen dessen, was man von einer solchen Konstitution erwartet, ist das zweite – jetzt ist sogar von einem „Leitkriterium“ die Rede – schon überraschend: Von der Theologie wird eine umfassende Dialogbereitschaft erwartet. Dabei wird unterstrichen, dass damit nicht ein taktisches Verhalten gemeint sei, sondern eine innere Haltung. Wer sich mit der Frage nach der Wahrheit auseinandersetzen und deren praktische Relevanz ergründen will, dem muss an einer „Kultur der Begegnung“ gelegen sein. Jetzt geht das neue Dokument deutlich über „Sapientia Christiana“ hinaus.
Dort wurde als Aufgabe der Theologie die Auseinandersetzung auch mit den Thesen Nichtgläubiger, deren Bewertung und Beurteilung genannt. Das wird zitiert, doch ist jetzt von der „Synergie mit allen positiven Instanzen, die das Wachstum eines universalen menschlichen Bewusstseins nähren“, die Rede und von „einem gegenseitigen Austausch der je eigenen Gaben“ (Nr. 4b). Ein respektvoller Umgang mit anderen Religionen und Weltanschauungen, mit Wissenschaftlern, mit Gläubigen wie Nichtgläubigen auf Augenhöhe wird verlangt. Mit einem Wortspiel Benedikts XVI. wird darauf hingewiesen, dass aus dem „logos“ der „dia-logos“ entsteht. Vom Kriterium des Dialogs her ergibt sich die Notwendigkeit, Aufbau und Inhalte der theologischen Lehrpläne zu überprüfen. In solchen Passagen steckt viel an Entwicklungsmöglichkeiten für die Theologie, was nochmals die Frage aufwirft, wie das mit den Normen zusammengehen kann.
Ganz auf der beschriebenen Linie bewegt sich das dritte „Grundkriterium“, die „Inter- und Transdisziplinarität“, mit dem sich gleich verschiedene Anliegen verbinden. Das Angebot der Theologie in Forschung und Lehre soll breiter und differenzierter werden, um dem Wissen der Moderne in seiner Vielfalt gerecht zu werden. Hier ist wiederum das Anliegen einer Theologie dominant, die lebens- und wirklichkeitsbezogen ist. Den Herausforderungen der Wirklichkeit soll innerhalb der Theologie „eine Pluralität an Wissensgebieten“ (Nr. 4c) korrespondieren. Die Spannung zwischen hochdifferenzierten Wissenschaften und der Einheit des Wissens ist dem Papst bewusst. Damit umzugehen, ist der Theologie sowohl inhaltlich wie auch methodisch vertraut. Die Probleme, die damit verbunden sind, werden nicht wegretuschiert, wenn von Dynamik, aber auch von Zersplitterung die Rede ist, oder neben „organische Gliederung“ Unsicherheit und Relativismus gestellt werden. Als mission der Theologie wird die Formulierung orientierender Leitlinien erwartet, was mit Blick auf die Wissenschaftslandschaft der Gegenwart sicherlich keine Unterforderung ist. Wenn man eine solche Interdisziplinarität über die Theologie hinaus in der Universität verwirklichen kann, ist das für alle Beteiligten von Gewinn. Gerade der deutsche Wissenschaftsrat hat diese Art der Vernetzung, die große Ansprüche stellt, für die Theologie ja geradezu verlangt. Die Apostolische Konstitution sollte nicht nur in Deutschland auf offene Türen treffen.
Allerdings darf man diese Vernetzungen auch nicht überfordern. Wenn Interdisziplinarität nicht nur als Multi-, sondern als Transdisziplinarität verstanden werden soll, „bei der alles Wissen in den Raum des ‚Lichts und Lebens‘, den die von der Offenbarung herkommende Weisheit bietet, gestellt wird“ (Nr. 4c), muss man vor falschen Erwartungen warnen. Natürlich soll sich die Theologie ihrer „Wurzel“ bewusst sein und sich um „Einheit“ vom Wort Gottes her bemühen. Vielleicht kann man es aber so formulieren: Wenn sie sich heute im Haus der Wissenschaften bewegt, dann wird sie sich auf die damit verbundenen Aporien und Dynamiken einlassen müssen, ansonsten befindet sie sich am falschen Ort. Das bedeutet zugleich, dass sie um die Einheit in Christus weiß, die Ziel und Mitte der Theologie bleibt. Sympathisch ist das Bild des Polyeders, der aus verschiedenen Teilen mit ihren Eigenarten zusammengesetzt ist. Er ist mit seinen Ecken und Kanten Bild der Theologie, nicht die rundgeschliffene Kugel (Nr. 4d).
Netzwerkbildung ist das vierte Kriterium. Es ist ein interessanter Gedanke, wissenschaftliche Einrichtungen der Theologie weltweit zu vernetzen, dabei Synergien zu nutzen und auch verschiedene Kulturen und Traditionen zusammenzubringen. Er taucht mehrfach in der Konstitution auf und wird sehr offen formuliert. Auch in neu einzurichtenden Forschungszentren soll die Theologie nicht unter sich bleiben, vielmehr sollen hier „Wissenschaftler mit unterschiedlichem religiösen Hintergrund und aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen mit verantwortungsvoller Freiheit und gegenseitiger Transparenz interagieren können“ (Nr. 5). Dieses Kriterium fügt sich in eine globalisierte Welt ein, an der die Wissenschaften längst beteiligt sind. Durch Einrichtungen wie die „Europäische Gesellschaft für katholische Theologie“ oder die jedenfalls zum Teil international aufgestellten Facharbeitsgemeinschaften hat sich die Theologie bereits auf diesen Weg begeben. Aber es gibt hier auf jeden Fall Entwicklungsmöglichkeiten, die andere Wissenschaften längst offensiver nutzen. Der Impuls der Konstitution könnte eine Hilfe sein, die zumindest partiell nicht zu leugnende Provinzialisierung der Theologie zu überwinden. Die Aufforderung, neue Forschungseinrichtungen zu gründen, „die sich auf das Studium der epochalen Probleme“ der Menschheit konzentrieren und „Lösungsvorschläge“ unterbreiten sollen (Nr. 4d), ist beispielsweise für die Theologie im deutschen Sprachraum nichts ganz Neues.
Ein andere Forderung der Konstitution, die nicht übersehen werden darf, ist die Vermittlung theologischen Wissens in die Öffentlichkeit, also das, was man Wissenschaftskommunikation nennt. Der Sachverhalt wird klar und einfach beschrieben: Es ist eine intellektuelle Herausforderung und, so darf man wohl ergänzen, nicht nur eine lästige Pflicht, theologische Erkenntnisse auf die verschiedenen Gesellschaften, Kulturen, Wissenschaftssysteme hin zu kommunizieren. Man versteht die Konstitution zudem sicherlich nicht falsch, dass das in der Ausbildung auch die Hinführung zu neuen Wegen der Verkündigung einschließt. Das ist sehr nachdrücklich gemeint, denn zugleich ist von einer Qualitätssteigerung der Forschung und einem Niveauanstieg des Studiums die Rede.
Beispiel Erfurt
Nüchtern konstatiert die Konstitution, dass Universitäten in der Gesellschaft der „primäre Ort“ für Forschung und damit für den Fortschritt von Gesellschaft, Kultur, Ökonomie, Sozialwesen sind. Das gilt insbesondere in der schnelllebigen Gegenwart. Deshalb muss die Theologie hier verortet sein, eine Aussage, die sich mit dem bereits erwähnten Papier des Wissenschaftsrates trifft. Wenn man das auf die Verhältnisse in Deutschland überträgt, spricht das insbesondere für die Theologie an der staatlichen Universität. Gerade in diesem ganz säkularen Umfeld kann sich eine Theologie entfalten, wie sie Papst Franziskus vorschwebt. Auch die Universitätstheologie sollte sich kritisch den Fragen und Herausforderungen der Konstitution stellen. Vieles, was die Konstitution anspricht, ist den staatlichen Fakultäten nicht fremd. Aber es gibt vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten und die Notwendigkeit, durch das Verlassen allzu ausgetretener Pfade neue Ziele anzusteuern.
Eine Fakultät, die sich seit langem diesem Dialog mit Anders- und Nichtgläubigen verschrieben hat, ist die heutige Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Erfurt. Es ist kein einfacher Weg gewesen, den man in Erfurt zunächst in der DDR, dann im wiedervereinigten Deutschland verfolgen musste. Immer wieder waren Neujustierungen und Veränderungen notwendig, um mit anderen im Gespräch zu bleiben.
Vor mittlerweile 15 Jahren ist die theologische Fakultät in Erfurt den Weg von der kirchlichen zur staatlichen Fakultät gegangen. Es ist schon mehr als ein glücklicher Zufall, dass gerade zu diesem für Kirche und Theologie in Ostdeutschland wichtigen Jubiläum diese Konstitution erscheint. Das Programm, das die Konstitution für eine zeitgenössische Theologie entwirft, passt zu Erfurt und zur Situation in Ostdeutschland mit seinem hohen Anteil an Menschen, denen zumindest Kirchen, zumeist aber auch Religion fremd sind. Eine Fakultät, die sich auf Theologie in dieser Situation einlässt und versteht, erlebt sich in der Tat in der Situation eines Laboratoriums, in dem immer wieder neu Fragen, Methoden, Instrumentarien entwickelt und ausprobiert werden müssen. In Erfurt ist über Jahrzehnte diese Art der Theologie gewachsen und mit der Integration in die Universität noch einmal deutlich weiterentwickelt worden.
Mit ihren Einrichtungen und Aktivitäten ist die Fakultät auf eine „Kultur der Begegnung“ angelegt, ohne die sich Theologie in Ostdeutschland nicht betreiben lässt. Bei Papst Franziskus ist eine Wertschätzung gerade solcher Einrichtungen erkennbar, die an die Ränder nicht nur des Sozialen, sondern auch des Glaubens und der Wahrheitssuche gehen. Der Erfurter Universitätspräsident Walter Bauer-Wabnegg hat jüngst auf die Verpflichtung gerade der Kirche auf die Geschichte dieser Fakultät hingewiesen und auf deren weitere Pflege gedrungen. „Veritatis Gaudium“ passt ideal zur Situation der Fakultät und muss gerade heute ein Anreiz sein, das „kulturelle Laboratorium“ Erfurt für seine Rolle im Osten weiter zu stärken.