Maik ist Taschendieb, Einbrecher, Trickbetrüger – und er verfügt über erstaunliche Hochstaplerqualitäten. Deswegen fällt es ihm nicht schwer, nach einer Tätigkeit als falscher Bahnschaffner, bei der er den Passagieren die Telefone und Portemonnaies abgeluchst hat, spontan in die Rolle eines katholischen Pfarrers zu schlüpfen. Sein Ziel: An die goldene Monstanz zu kommen, die locker 80 000 Euro wert ist, aber normalerweise nur einmal im Jahr an Fronleichnam aus dem Banktresor geholt wird. Mit dem Geld will er die Schulden bezahlen, die sein Bruder und Gauner-Kompagnon den beiden mit einem missglückten Geschäft eingebrockt hat.
Der falsche Pfarrer ist eine Serienfigur, gespielt vom jüdischen Schauspieler Daniel Donskoy. Die RTL-Serie kombiniert dabei zwei klassische Komödien-Motive: Das des schelmischen und sympathischen Priesters und das der Verwechslung und des Rollentauschs: ein bisschen „Don Camillo“ und „Father Brown“ gepaart mit etwas „Feuerzangenbowle“ und „Fack ju Göhte“. Donskoy hat durchaus Heinz-Rühmann-Qualitäten. Er ist einfach wahnsinnig sympathisch und bewegt sich durch den harmlosen und seichten Plot mit großer Eleganz und Leichtigkeit.
Die Eintrittskarte, mit der Maik sofort das Vertrauen der Kleinstadtbewohner irgendwo in der rheinischen Provinz gewinnt, ist die Soutane. Die dunkelblaue Uniform hatte ihn zum Bahnschaffner gemacht, durch das schwarze Priesterkleid wird er nun zum Geistlichen. Und obwohl er eigentlich nur darauf aus ist, sich möglichst schnell mit fetter Beute aus dem Staub zu machen, macht der falsche Pfarrer fast alles richtig. Er rettet eine Alleinerziehende vor ihrem sadistischen Chef und besorgt ihr einen neuen Job, er kümmert sich um verkrachte Eheleute, hält einen Jugendlichen vom Selbstmord ab und kommt dank seines Gaunerinstinktes allen möglichen üblen Machenschaften auf die Schliche.
Dabei ist Maik unglaublich cool. Unter der Soutane trägt er Turnschuhe, er kann Fußball spielen, singen, tanzen – und natürlich schwärmen alle Frauen für ihn. Da aber seine Absicht, die goldene Monstranz in die Hände zu kriegen, immer wieder vereitelt wird, kommt Maik so schnell aus der Provinz nicht wieder weg. Langsam macht er sich darum mit seiner neuen Rolle vertraut – und mit dem Katholizismus, von dem er bisher noch kaum etwas gehört hatte. Schon nach wenigen Folgen sagt Maik Sätze, die jeden Bischof in die Hände klatschen lassen müssten. Etwa: „Das Beichten ist wirklich eine der besten Einrichtungen der katholischen Kirche: Man macht einen Termin, zählt seine Sünden auf, und am Ende wird einem von Gott vergeben. Es kann tatsächlich unglaublich befreiend sein, sich etwas von der Seele zu reden.“ Oder: „Die katholische Kirche sagt: Die Ehe ist unauflöslich. Kein Mensch soll scheiden, was Gott zusammengeführt hat.“ Muss erwähnt werden, dass die Gottesdienste in der Kleinstadt stets gut gefüllt sind?
Natürlich hat der falsche Serienpriester nicht viel mit echten katholischen Pfarrern zu tun. Welcher Seelsorger arbeitet noch in einer überschaubaren Gemeinde, wo er jeden kennt und für alle da ist? Welcher Priester stiehlt sich aus dem Tortenwettbewerb im Pfarrsaal, klaut ein Fahrrad und radelt in die Klinik, um eine junge Frau noch rasch von der Abtreibung abzuhalten? Die Darstellung des Priesters in „Sankt Maik“ sei „kaum unrealistischer als die des Kripo-Hauptkommissars in einem durchschnittlichen ‚Tatort‘“, urteilte das Internetportal katholisch.de. Vor allem daran, wie Liturgie und Sakramentenspendung dargestellt werden, merkt man, dass die Serienautoren mit der katholischen Praxis nicht wirklich vertraut sind.
Aber möglicherweise entspricht die Serienfigur am Ende doch dem, was immer noch viele Menschen von einem Priester erwarten: ein Helfer in allen Lebenslagen zu sein, ein Mann Gottes, der trotzdem nicht weltfremd und immer ansprechbar ist. Die meisten Seelsorger würden sich vermutlich niemals derart dreist in das Leben der Menschen einmischen, wie Maik das tut. „Ich bin der beste Eheberater der Welt“, lügt er. Aber etwas von diesem Selbstvertrauen und dieser Dreistigkeit wäre manchem echten Pfarrer schon zu wünschen.