Die Ausstellung „Heavenly Bodies“ im New Yorker Metropolitan Museum of ArtMode, Macht und Mitra

Popstar Rihanna auf der Gala anlässlich der Ausstellung „Heavenly Bodies“ 

Dieu est mon maître.“ Dieses Bekenntnis findet sich am Mantelsaum eines Bischofsgewands. Doch wer spricht es? Das Kleidungsstück oder die Person, die es trägt? Wer ist Gott, der Meister? Weltenschöpfer oder Modeschöpfer? Die opulent bestickte Haute-Couture-Robe von John Galliano für Dior bildet einen der Höhepunkte der Ausstellung „Heavenly Bodies. Fashion and the Catholic Imagination“, die von Mai bis Oktober 2018 in The Met Fifth Avenue sowie den Met Cloisters in New York zu sehen ist.

„Heavenly Bodies“ zeigt einen Dialog von Katholizismus und Modewelt, der wiederum im Dialog der Designerstücke mit religiösen Kunstwerken inszeniert wird. Ausgangspunkt ist ein bleibender Einfluss des „Katholischseins“ der Designer und Designerinnen auf ihr Schaffen: explizit in Referenzen zu katholischen Bild- und Symbolwelten oder klerikaler Kleidung, subtiler in einer besonderen Sensibilität religiösen Geschichtenerzählens.

Die Ausstellung beginnt in der Byzantinischen Galerie mit Kleidern, die von sakralen Orten inspiriert wurden. Entwürfe von Gianni Versace und Dolce & Gabbana machen das Innere byzantinischer Kirchen – Kruzifixe, Mosaiken, Ikonographie – in Form glitzernder Pailletten und schillernder Seidenroben tragbar. Passende Exponate säumen als stumme Zuschauer in Vitrinen den Catwalk. Die Modepuppen im Minikleid, die mit platinblondem Haar an Giannis Schwester Donatella erinnern, stehen auf hohen Sockeln, der Betrachter wird zum Anbeter. Die triumphale Musik, die beim Museumsgang begleitet, tut ihr Übriges.

Es folgt der Bereich „Dressed Madonna“. Brautmystik, Jungfrauenverehrung und Keuschheitssymbolik mischen sich zu Kreationen voll zarter Anmut, darunter ein golden schimmerndes Brokatkleid für die Jungfrau von El Rocio von Yves Saint Laurent, der den Heiligen schon im Namen trägt und selbst zu einer Ikone der Modewelt wurde. Verehrung, Anbetung, Bekenntnis: Gerade hier sind Mode und Religion nur schwer zu trennen.

Das Herzstück der Ausstellung bildet die Medieval Sculpture Hall, deren Grundriss einer Kirche nachempfunden ist. Im Hauptschiff stehen Klerikerinnen in vollem Ornat, hinter der Kardinälin in flammend roter cappa magna glänzt die Bischofsrobe von Dior. Das Brisante daran? Auch diese ist für eine Frau geschneidert. In den Seitenschiffen stehen sich Soutanen und Habite gegenüber, in Gesellschaft mittelalterlicher Wandteppiche. Dass auch die „Catholic Imagination“ (Andrew Greeley) Kind ihrer Zeit ist, zeigt das Beispiel des Dominikanerinnen-Habits. Durch seinen prominenten Status in der Popkultur und berühmte Trägerinnen wie Whoopi Goldberg wurde er pars pro toto zu dem Kleidungsstück einer Nonne und befeuerte die Fantasie der Modeschöpfer und Modeschöpferinnen, die dieses ganz spezielle „Kleine Schwarz-Weiße“ vielfach über den Catwalk schickten. Gerade der Kontrast von Macht, Unberührbarkeit und Sexappeal hat für die Designerin Carli Pearson einen besonderen Reiz.

Auch die Soutanen lassen Grenzen in mehrerer Hinsicht verschwimmen: Grenzen der Geschlechter, Grenzen zwischen Klerikern und Laien. Fashion ist nicht nur schön. Sie ist auch politisch. Designer machen Kleider für jedermann und jederfrau. Irdische Körper werden zu „heavenly bodies“. Der Designer An Vandevorst meint, dass es keine Grenzen gebe beim Einsatz religiöser Elemente, solange es mit Respekt geschehe. Bei allem Respekt, Frauen als Priesterinnen und Bischöfinnen, das dürfte nicht jedem gefallen.

Im Anna Wintour Costume Center im Untergeschoss finden sich dann die originalen liturgischen Gewänder, Leihgaben aus dem Vatikan, deren verschwenderischer Glanz die Designer und Designerinnen zu ihren Meisterwerken inspirierte.

In der Schatzkammer sind historische Reliquiare gemeinsam mit zeitgenössischen Fashion-Accessoires ausgestellt. Stünden die Gewänder des Untergeschosses oben zwischen den Catwalk-Kreationen, würde der Unterschied, wenn überhaupt, nur Kennern offenbar. Die Päpste waren echte Ästheten, gar Fashion-Victims. Und sie waren Männer mit Macht, ihre wertvollen Mäntel und Tiaren oft das Geschenk eines weltlichen Herrschers. So gesehen hat sich nicht viel verändert, wenn Vogue-Chefin Anna Wintour zur jährlichen Met-Gala lädt und die umschwärmtesten Promis von den größten Modehäusern mit teuren Roben ausgestattet werden. Am Ende geht es eben immer um Macht, Einfluss und Schönheit. Und darum, sich in die Gunst eines Meisters zu stellen. Oder einer Meisterin. „Dieu est mon maître.“ Berenike Jochim-Buhl

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