AbtreibungLinke drängt beim Werbeverbot auf Abstimmung

Der Konflikt um das sogenannte Werbeverbot für Abtreibungen (Paragraf 219a) spitzt sich zu. In den schwierigen Koalitionsanbahnungen zur erneuten Großen Koalition war Anfang des Jahres bei diesem strittigen Thema eine Art Friedenspflicht bis zum Herbst vereinbart worden. Diese läuft nun aus. Eine Mehrheit in der SPD-Fraktion will offenbar zusammen mit den Grünen und Linken den Paragrafen abschaffen. CDU/CSU lehnen das ab. Um den Koalitionskrach abzuwenden, hatte das Justizministerium den Auftrag, einen Kompromiss zu suchen, bislang ohne Erfolg. Die Bundestagsfraktion der Linken drängt nun auf eine Abstimmung im Bundestag unter Aufhebung der sogenannten Fraktionsdisziplin. Die SPD dürfe sich da „nicht länger herausreden“, sagte die Vizefraktionschefin Cornelia Möhring. Wenn es dazu käme, wäre dieses erneut eine schwere Koalitionskrise. Ähnlich wie beim Thema Homo-Ehe hätte sich die SPD dann außerhalb des Koalitionsbündnisses Mehrheiten gesucht.

Der Paragraf 219a des Strafgesetzbuches verbietet Ärzten „das Anbieten, Ankündigen oder Anpreisen“ von Abtreibungen. Der Schwangerschaftsabbruch ist nach dem Anfang der Neunzigerjahre revidierten Paragrafen 218 illegal, bleibt aber unter bestimmten Bedingungen straffrei. Zu diesem Kompromiss gehört der Paragraf 219a. Frauen müssen sich einer Pflichtberatung unterziehen, in den Beratungsstellen bekommen sie dann Informationen auch zu Ärzten. Ärzte selbst allerdings dürfen diese „Dienstleistung“ nicht öffentlich „anbieten“. Der Protest gegen den Paragrafen 219a hatte sich unter anderem an der Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel entzündet, die wegen eines entsprechenden Eintrags auf ihrer Homepage zu einer Geldstrafe verurteilt worden war. Im September wird die Entscheidung im Berfungsverfahren erwartet. Hänel behält sich weitere gerichtliche Schritte vor. Die Kritiker bemängeln, Frauen könnten sich wegen des Werbeverbots nicht umfassend informieren, das Gesetz sei nicht mehr zeitgemäß. Kompromissvorschläge dazu gibt es von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und demn Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Martin Dutzmann (vgl. HK 6/2018)

Ende Juni hatte es im Bundestag eine Anhörung von Sachverständigen gegeben. Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), sieht ihre Position durch die Einlassungen gestärkt. Sie beklagt allerdings, dass die Debatte an der Einseitigkeit der Argumente kranke. Auf das Lebensrecht des Kindes gingen die Befürworter einer Streichung des Paragrafen nicht ein. Vielmehr gehe es ihnen um die Aufkündigung des gesellschaftlichen Kompromisses beim Paragrafen 218 und eine weitere Legalisierung der Abtreibung, so Winkelmeier-Becker. Dies wurde auch bei einer Störaktion im Bundestag deutlich. Während der Anhörung trugen Anhängerinnen des Bündnisses zur „sexuellen Selbstbestimmung“ T-Shirts mit Aufschriften wie „Ich habe abgetrieben“ und „Abortion is not a crime“. Sie wurden des Saales verwiesen.

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