Die MHG-Studie hat die Diskussion um den Zölibat neu entflammt. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf hat auf diesem Hintergrund eine Streitschrift mit 16 Thesen vorgelegt. Der Zölibat lässt sich biblischD nicht begründen. Im Neuen Testament gibt es ganz selbstverständlich verheiratete Amtsträger. Gäbe es eine biblische Norm, hätte die Kirche das Zeugnis von Schrift und Tradition längst als eindeutige und als nicht diskutable Begründung angeführt. Bestimmend geworden sind vielmehr die Anordnungen auf dem zweiten Laterankonzil von 1139. Kanon 6 bestimmt, dass alle Geistlichen, die vom Subdiakonat an und aufwärts heiraten oder im Konkubinat leben, ihr Amt und ihr kirchliches Benefizium verlieren. Kanon 7 legt fest: Niemand darf die Messe derer hören, von denen er weiß, dass sie Ehefrauen oder Konkubinen haben.
Allerdings hat die Kirche bis ins 20. Jahrhundert hinein immer mit verheirateten Klerikern gerechnet. Erst der CIC von 1917 hat dies geändert. Die Weihe wird nun als Ehehindernis bestimmt und im derzeit geltenden Kirchenrecht im CIC von 1983 sind verheiratete Männer förmlich von den Weihen ausgeschlossen. Das Zölibatsgesetz stellte im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit sicher, dass Geistliche die ihnen unterstellten Kirchengüter nicht an ihre Kinder vererben konnten. Im konfessionellen Zeitalter diente es zur Abgrenzung von den Protestanten. Im Zölibatsbruch des Reformators Martin Luther sah man eine Steilvorlage für Polemik und verunglimpfte ihn als den „geilen Luther“. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gilt die Ehe als Abbild des Bundes zwischen Christus und seiner Kirche und kann deshalb kein Hinderungsgrund für den priesterlichen Dienst mehr sein. Das Sakrament der Ehe kann somit nicht mehr gegen das Sakrament der Priesterweihe gestellt oder unterbewertet werden. Die Lehre der katholischen Kirche ermöglicht jederzeit die Aufhebung des Zölibats. Er ist dem Priesteramt nicht wesensmäßig eigen, sondern ihm lediglich angemessen. Vor die Wahl gestellt, dem Priestermangel abzuhelfen oder den Zölibat beizubehalten, muss sich die Kirche im Interesse der heilsnotwendigen Eucharistie gegen den Zölibat entscheiden. Es gibt kein plausibles Argument mehr für die Beibehaltung des Zölibats: Das versucht die Studie von Hubert Wolf deutlich zu machen. Erich Garhammer