Sowohl der frühere EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber (geboren 1942) wie Dietrich Bonhoeffer (1906–1945), als Mitwisser und Mitakteur des deutschen Widerstands gegen Adolf Hitler kurz vor Kriegsende hingerichtet, entstammen dem protestantisch-professoralen Elitemilieu mit seinem kulturellen Hintergrund, beide waren so etwas wie theologische Jungstars und haben sich intensiv mit Fragen der Ethik, gerade auch der politischen Ethik beschäftigt. Es dürfte für Huber insofern eine besondere Herausforderung und in mancher Hinsicht auch ein Wagnis gewesen sein, dieses Buch zu schreiben.
Das Wagnis hat sich gelohnt: Huber rekonstruiert in einer klaren und verständlichen Diktion die wichtigen Themen des teilweise fragmentarisch gebliebenen Werks von Bonhoeffer, von seinen außergewöhnlichen akademischen Qualifikationsschriften bis zu in der Haft entstandenen Entwürfen, und bezieht den jeweiligen persönlichen und kirchlich-gesellschaftlichen Kontext ein. Dabei arbeitet er zum einen auch kritische Punkte bei Bonhoeffer heraus, etwa in seinem Verständnis von Glaube und Gehorsam, und zieht zum anderen behutsam die Linien bis in die gegenwärtige theologische und kirchliche Diskussionslage aus, beispielsweise beim Thema Friedensethik.
Hilfreich ist nicht zuletzt das Kapitel „Kein Ende der Religion“, in dem sich Huber mit den viel zitierten Äußerungen des „späten“ Bonhoeffer zu einem religionslosen Christentum beschäftigt. Er kommt zum Resümee: „Auch der Glaube, der sich an die Ehre Gottes hält, der um der Menschen willen Leiden und Ohnmacht auf sich nimmt, begegnet in religiöser Gestalt und artikuliert sich in religiösen Formen. Seine erlösende und befreiende Kraft lässt sich nicht dadurch sichern, dass man das bestreitet.“ Gleichzeitig hält er fest, die Unterscheidung zwischen Glauben und Religion helfe beim diagnostischen Umgang mit religiösen Phänomenen der Gegenwart. Das letzte Kapitel gilt unter der Überschrift „Epilog: Was bleibt“ den weltweiten Wirkungen Bonhoeffers. Von ihm bleibe vor allem die Orientierung an den elementaren Glaubensgewissheiten als Grundlage für verantwortliches Leben und Handeln in der jeweiligen Situation.