Brauchen die Märkte mehr oder weniger staatliche Lenkung? Muss die Wirtschaft sozialer werden oder ist sozial, was der Wirtschaft dient? Vergrößert der Kapitalismus Armut und Ungleichheit oder hat er überhaupt erst große Teile der Menschheit aus einem Leben in Armut befreit? Konsum – bedeutet das Wegwerfkultur, Verflachung und Entfremdung oder steht Konsum auch für Freiheit, menschliche Entfaltung und Aufbau einer geistigen und materiellen Kultur? Solche und ähnliche Fragen nimmt der von Stephan Wirz herausgegebene Band „Kapitalismus – ein Feinbild für die Kirchen?“ auf. Insbesondere die Wirtschaftskritik von Papst Franziskus hat dazu geführt, dass neu nach der Haltung von Christentum und Kirche gegenüber dem kapitalistischen Wirtschaftssystem gefragt wird.
Die Antworten stammen vorwiegend aus dem wirtschaftsliberalen Lager. So wünscht der Schweizer Publizist Gerhard Schwarz Kirchenvertretern die „Einsicht, dass eine Ordnung, in der die Verteilung und die Verwendung von Einkommen und Vermögen stark politisch gesteuert werden, nicht etwa gerechter, weniger verschwenderisch oder mehr auf die wirklichen Bedürfnisse ausgerichtet ist als eine liberale Ordnung.“ Und der Sozialethiker Martin Rhonheimer kritisiert: „Bis heute krankt die katholische Soziallehre an der mangelnden Einsicht, dass der Industriekapitalismus die endgültige Lösung des jahrhundertealten Problems von Massenarmut und materiellem Elend brachte.“ Die vonseiten des Papstes oft zu hörende Konsumkritik hat für Stephan Wirz durchaus ihre Berechtigung. Natürlich könne für eine genügsame und einfache Lebensweise geworben werden; bloß dürfe dem Staat nicht die Rolle eines „Lebensstil-Regulators“ zugeschrieben werden: Das „einfache Leben“ muss für Wirz freiwillig bleiben.
Mehr Verständnis für die Wirtschaftskritik des Papstes bringt Joachim Wiemeyer auf, Professor für christliche Gesellschaftslehre in Bochum. Dort, wo Papst Franziskus „die Richtung einer gerechten und nachhaltigen Wirtschaft andeutet“, skizziere er „eine öko-soziale Marktwirtschaft mit verantwortungsvollem Unternehmertum.“ Benjamin Leven