Gedichtbände gibt es viele – doch mit „Und er spricht mit leisen Deuteworten …“ liegt ein besonders schönes Werk vor. Die Bibel bietet zahlreiche Motive für die Poesie und große Stoffe für Schriftsteller, wie Herausgeber Georg Langenhost in seiner Einleitung zum Gedichtband schreibt. Für Schriftstellerinnen und Schriftsteller macht nicht alleine der Stoff der Bibel den Reiz aus, sich mit ihr zu beschäftigen. Es sind vor allem auch die Sprachformen. Die Bibel selbst bietet die ganze Bandbreite zwischen poetischen und narrativen Texten. Wer die Bibel mit den Augen von Poetinnen und Poeten liest, dem offenbart sich diese „umfangreiche Menschheitsbibliothek“ aufs ganz Neue.
Denn die Bibel erzählt Geschichten zwischen Menschen, gleichwie zwischen Menschen und Gott. Es geht „um Verlangen, Schuld und Scham (Adam und Eva), um Eifersucht und Brudermord (Kain und Abel), um Größenwahn und Sprachverwirrung (Turmbau zu Babel) ebenso wie um Menschwerdung und Rettungstod (Jesus) und um Treue und Verrat (Petrus).“
Das Buch widmet sich 24 alttestamentlichen und 17 neutestamentlichen Personen, Orten und Geschehnissen und bietet dabei eine literarische Zeitreise durch die letzten Jahrhunderte: Gedichte von Johann Wolfgang von Goethe und Joseph von Eichendorf finden sich dort genauso wie Texte von Rose Ausländer und Günter Grass. Georg Langenhorst hat jedem Kapitel eine kurze Einführung vorangesetzt. Er stellt die folgenden Gedichte kurz vor und verortet die poetischen Texte in ihren biblischen Vorlagen. So bietet er nicht nur eine Annäherung an die Gedichte, sondern auch eine Erinnerung der biblischen Inhalte. Ein poetischer Lesegenuss für dunkle Herbsttage. Jacqueline Rath