Auch in Deutschland mit seiner Dominanz von evangelischen Landeskirchen einerseits und katholischer Kirche andererseits ist eine Vielzahl anderer christlicher Kirchen und Gemeinschaften vertreten. Schon deshalb gehört konfesssionskundliches Wissen zum unverzichtbaren Grundbestand für jeden, der sich kompetent über Kirche und Religion äußern möchte.
Gisa Bauer und Paul Metzger gliedern die dargestellten Kirchen und Konfessionen nach dem entsprechenden Konzept von Apostolizität: Unter dem Oberbegriff „personelle apostolische Sukzesssion“ werden die römisch-katholische, die altkatholische Kirche, die orthodoxen Kirchen und die Anglikanische Gemeinschaft behandelt, unter „inhaltliche apostolische Sukzession“ die evangelische Konfessionsfamilie in ihrer ganzen Vielfalt und unter „persönliche Apostolizität“ die Neuapostolische Kirche. Die jeweilige Geschichte findet dabei ebenso mehr oder weniger ausführlich Berücksichtigung wie ekklesiologische Spezifika und Struktur der einzelnen Gemeinschaften. Über die Gewichtungen im Einzelnen lässt sich streiten: So wird etwa der Anglikanischen Gemeinschaft oder auch der Neuapostolischen Kirche verhältnismäßig viel Raum gegönnt.
Dankenswerterweise reflektiert der Band auch über die heutige Situation der konfessionell ausdifferenzierten Christenheit und der sich daraus ergebenden Herausforderung für eine Konfessionskunde: Innerhalb einer Konfessionsfamilie, zuweilen sogar innerhalb einer einzelnen Kirche, seien die faktischen Lebensvollzüge oft sehr unterschiedlich. Einerseits würden die klassischen ökumenischen Streitfragen, obwohl ungelöst, in der kirchlichen Lebenswelt zunehmend verdrängt, andererseits bildeten sich neue Problemfelder, die die interne Pluralisierung beschleunigte. Als Problemfelder, die heute in und zwischen den Kirchen strittig sind, thematisieren die Autoren – nicht überraschend – die Positionierung zu Frauenordination, Homosexualität und Schriftverständnis. Die Konfessionskunde sei herausgefordert, die entsprechenden Veränderungen unvoreingenommen zu betrachten, zu beschreiben und in den Kontext der Entwicklung der Konfessionen einzuordnen. Mit dieser Aufgabenstellung liegt der Band zweifellos richtig. Ulrich Ruh